Montag, September 25, 2006

Respekt, Frau Gastinger

Wenige Tage vor den Nationalratswahlen in Österreich hat Justizministerin Karin Gastinger verkündet, aus dem BZÖ austreten zu wollen. Die nachvollziehbare Begründung: "Ich will in keiner Bewegung tätig sein, die ausländerfeindlich ist." Sie wolle sich weiterhin "Im Speigel betrachten können", und das könne sie nicht, wenn sie mit Leuten wie Peter Westenthaler zusammenarbeitet, der die Abschiebung hunderttausender Ausländer fordert. Respekt, Frau Gastinger! Damit emanzipiert sich nach Heide Schmidt eine weitere gebildete und liberal eingestellte Frau vom politischen Gruselkabinett Jörg Haiders. So richtig zu der pöbelnden und polternden Truppe rund um den Kärntner Landeshauptmann hat Gastinger eh nie gepasst. Ihre Wortmeldungen überraschten zumeist mit Weltoffenheit und Fortschrittlichkeit, wie man sie eher bei der SPÖ, den Grünen oder dem Liberalen Forum vermuten würde. So hat die Juristin, die einst von Haider als "Boxenluder" verunglimpft wurde und ihm zunächst trotzdem treu blieb, zB allen Begehrlichkeiten, das Abtreibungsrecht zu verschärfen, eine Abfuhr erteilt.

Die Kritik, dass der Austritt reichlich spät komme, teile ich nicht. Da halte ich es mit dem alten Sprichwort "besser spät als nie". Es ist menschlich verständlich, dass eine junge Wasserrechtsexpertin aus der kärntner Provinz den Verlockungen eines Haiders erliegt, wenn der ihr den Aufstieg in höchste Ämter ermöglicht. Und es ist verzeihlich, da sie ja nun erkannt hat, mit welchen Leuten sie es zu tun hatte und daraus die Konsequenzen gezogen hat. Zitat Gastinger: "Ich habe in der naiven Illusion gelebt, der Bewegung ein liberales Gesicht geben zu können." Diese Illusion dürfte spätestens mit Haiders grotesken Ortstafelspinnereien, Westenthalers Deportationsfantasien und Veit Schalles Bewunderung für die Wirtschaftspolitik der Nazis geplatzt sein.

4 Comments:

Anonymous Anonym said...

Interessant in diesem zusammenhang ist vielleicht,daß sich Frau gastinger seit Monaten weigert einen kärntner Slowenen als stellvertretenden Staatsanwalt anzustellen und statt dessen einen anderen Kandidaten favorisiert.Der (erstgereihte!)Slowene wurde sogar von Bundespräsident Fischer unterstützt,das lässt die Dame Gastinger aber kalt und sie zieht die Besetzungsposse nun schon über Monate hinaus und wird sie auch noch in die Zeit NACH der Wahl hinüberretten.
sunburn

6:12 AM  
Blogger Lindwurm said...

Lieber Sunburn, den Sachverhalt kenne ich nicht, neige aber dazu, Ihnen zu glauben. Da wird schon das BZÖ, dessen einzige Hoffnung auf ein Grundmandat ja quasi in einer offensiv zur Schau getragenen Minderheitenfeindlichkeit liegt, dafür gesorgt haben und die Gastinger hat halt den Willen ihres kärntner Mentors vollzogen. Trotzdem: Besser eine späte Einsicht als gar keine.

11:12 AM  
Blogger Tom Schaffer said...

schon wahr, besser spät als nie. aber auch in den letzten 2 jahren hat sie diverse bzö-aktivitäten mitgetragen (unter anderem auch die verschärfung im asylgesetz).

respekt brauchts für diese "leistung" nicht, sondern einfach die zur kenntnisnahme, dass sie wenigstens nicht extrem genug ist, um jetzt selbst diesen verabscheuenswerten weg noch mitzugehen...

11:39 AM  
Blogger liberalinösterreich said...

Die Unkenrufe, wonach Frau Gastinger wie einst Finanzminister Grasser nur deshalb von der Partei austritt, um gleich als parteilose Ministerin für die ÖVP zu agieren, haben sich nicht bewahrheitet.
Besonders gelobt werden muss Gastinger für den optimalen Zeitpunkt ihrer Aussage. Dass eine Partei 6 Tage vor der Wahl ihre Spitzenpolitikerin verliert, weil sie mit der argen ausländerfeindlichen Politik des Westenthaler-BZÖ nicht klarkommt, hat es in Österreich noch nie gegeben und bedeutet natürlich den entgültigen Todesstoß, es nicht ins Parlament zu schaffen.
Zum Vorwurf, das BZÖ sei schon immer ausländerfeindlich gewesen: Ja, das BZÖ war schon immer im rechten Eck. Gastinger schätze ich als bürgerlich-liberal ein, die punkto Gesetze recht strikt ist, aber, sobald es direkt um Menschen geht, linksliberal steht. Als Westenthaler das BZÖ übernahm, war das BZÖ nicht nur eine rechte Partei, sondern rechtesrechts. Vorher hatte sich das BZÖ noch nicht derart auf die "Ausländer" eingeschossen. Den "300.000"-Ausländersager hätte sich vorher selbst ein Jörg Haider, als er noch der offizielle Vorsitzende war, nicht getraut.

2:47 PM  

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