Sonntag, September 24, 2006

Von Tschetschenen und Menschen

Vor wenigen Tagen hat ein kärntner Jugendlicher einen Flüchtling aus Tschetschenien auf einem belebten Platz in Klagenfurt mit einem Messer attackiert und dabei fast getötet. Die Polizei ließ verlautbaren, dass der Täter alkoholisiert gewesen sei und unter dem Einfluss von Medikamenten stand. "Es hätte jeden treffen können", so ein Polizeisprecher. Am Tag nach dem Ereignis fuhr ich mit dem Taxi. Die Lenkerin quatschte mich sofort in einem vertraulichen Ton an und kommentierte das Messerattentat mit folgenden Worten: "Schon wieder die scheiß Tschetschenen. Die machen nix als Ärger. Und dann wird immer behauptet, unsere Buben seien brutal, dabei werden die von den Tschetschenen provoziert." Ich ließ die Fahrerin, beschäftigt beim Klagenfurter Unternehmen "Taxi 31111", anhalten, zahlte und stieg aus. Selten war ich so angewidert wie von diesem hasserfüllten Miststück, das da versuchte, mir seine ekelhafte BZÖ-Propaganda anzudrehen.

Wenige Wochen vor diesem Zwischenfall ließ Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider einige tschetschenische Flüchtlinge "ausweisen", wie er sich auszudrücken pflegte, da diese in eine Schlägerei mit einheimischen Jugendlichen verwickelt waren. Abgesehen davon, dass Haider niemanden "ausweisen" lassen kann, sondern die Asylbewerber bloß, rechtlich nicht ganz gedeckt, in ein anders Flüchtlingslager transportieren ließ, folgte eine regelrechte Hetze. BZÖ-Politiker, allen voran Haider, namen immer wieder die Worte "Tschetschenen" und "Verbrecher" nacheinander in den Mund und ein Gutteil der geistig eher minderbemittelten Kärntner assoziiert seither Tschetschene mit "vogelfrei".

Szenenwechsel. Die Schweizer, stinkreich und gerade deswegen ängstlich, haben soeben per Volksentscheid eines der strengsten Asyl- und Fremdengesetze Europas erlassen. Kritiker nennen die beiden Gesetze menschenrechtswidrig. Grund genug für FPÖ und BZÖ zu fordern, dass auch die österreichischen Ausländergesetze noch weiter verschärft werden sollten. Peter Westenthaler, die Kampfföhnwelle vom BZÖ, will "30 Prozent aller Ausländer abschieben", und zwar "Kriminelle, Asylbetrüger und Langzeitsarbeitslose". Abgesehen von der bodenlosen moralischen Schlechtigkeit dieses Vorhabens hat mich eines besonders erstaunt: Niemand hat Westenthaler dafür kritisiert, dass er Arbeitslosigkeit mit Kriminalität gleichsetzt. Genau in diesem Detail offenbart sich aber der Sadismus von solchen Rechtspolitikern, die trotz Rekordarbeitslosigkeit immer wieder auch die Mär vom bösen Sozialschmarotzer unter die Leute zu bringen versuchen. Weshalb Sadismus? Weil man, hört man Westenthaler reden, die perverse Lust auf Zwangsarbeit und Arbeitslager wahrnehmen kann, das Hinabtreten auf die ohnedies Benachteiligten unserer Gesellschaft. Ich sagte es bereits und ich sage es wieder: Solche Leute widern mich an und ich werde eine Sektflasche köpfen, sollte es diese Truppe, was möglich ist, am kommenden Sonntag nicht in den österreichischen Nationalrat schaffen.