Dienstag, Jänner 09, 2007

Koalitionsbildung: Arme Hunde

Es gibt auch eine gute Nachricht von der Koalitionsbildung in Österreich: Der bisherige Finanzminister Karl-Heinz Grasser - dieses gegelte und geföhnte Bildnis des Dorian Gray - und die strenge Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat werden uns künftig nur mehr von den Klatschspalten der Zeitungen entgegengrinsen. Grasser wolle eine Auszeit nehmen und sich um seine Frau, deren Kinder und die Hunde kümmern, kündigte er an. Ruft schon mal jemand vorsorglich den Tierschutzverein?

Während also Herr Grasser seine Köter neurolinguistisch programmieren geht und über die Pläne der Frau Gräfin noch nichts bekannt ist, hat die ÖVP ihre Ministerliste und weitere Personalrochaden präsentiert. Die SPÖ wird ihre Regierungsmitglieder erst noch vorstellen und muss sich zur Zeit mit heftiger innerparteilicher Kritik herumschlagen. Vom Industriellen und Ex-Finanzminister Hannes Androsch über die erbosten Studenten und Studentinnen vom VSSTÖ bis hin zu frustrierten kleinen Funktionären und Sympathisanten zieht sich eine breite Ablehnungsfront gegen das Verhandlungsergebnis durch die Partei. Neo-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und seine Seilschaft tun sich nicht allzu leicht, der Basis zu erklären, warum man den Schwarzen die Schlüsselressorts überlassen hat.

Lächerlich bis ärgerlich wird es, hört man sich die ersten Wortmeldungen von SP-Klubchef Josef Cap und vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl an. Während ersterer fast unter Tränen etwas von "deutlichen roten Sputen" im Regierungsprogramm fantasiert, sieht Häupl "die Studiengebühren als abgeschafft - wenn auch mit einer gesellschaftlichen Gegenleistung verbunden". Eine interessante Sicht dieses undurchdachten Modells, welches die Ungleichheit von Studenten aus unterschiedlich wohlhabenden Elternhäusern sozusagen gesetzlich festschreiben wird. Das vom Lindwurm vermutete Kalkül: Man hofft auf den Applaus des Stammtisches und hält die Studierenden für politisch irrelevant.

Grundsätzlich und abgesehen von strategischen Überlegungen hält der Lindwurm das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen für das "second-worst-case-scenario". Schlimmer als der ideologische und machtpolitische Striptease der SPÖ wäre nur ein Weiterregieren des BZÖ oder gar eine Hineinnahme der "neuen" FPÖ in die Regierung gewesen. Die Haider-Buben sind draußen und die Strache-Mensurkämpfer nicht drinnen. Das ist erfreulich, wenn es als erfreuliches Ereignis auch sehr einsam zwischen einem Wust an Schrecklichkeiten dasteht.

2 Comments:

Blogger Tom Schaffer said...

"second-worst-case-scenario", sehr schöner, treffender begriff. ^^

man tut sich angesichts des vorher dagewesenem fast schwer, wegen dem jetztigen in tränen auszubrechen. und doch ist man welten von der zufriedenheit entfernt, die der erste oktober wenigstens ermöglicht hätte.

11:15 AM  
Anonymous Anonym said...

Also die Selbstdemontage der SPÖ in den Regierungsverhandlungen mit der ÖVP ist ein Zeichen des Bankrotts der ehemaligen Sonnenkönigpartei ;-))

1:47 PM  

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