Donnerstag, Dezember 21, 2006

Filmkritik: "Ultraviolet"


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Regisseur Kurt Wimmer kann was. Das hat er zumindest einmal mit dem höchst angenehmen "Equilibrium", einer gelungenen Mischung aus Brachialaction und intelligentem Storytelling, bewiesen. Aber mit seinem neuesten Versuch im SciFi-Fantasy-Action-Genre hat der Mann ordentlich tief in die Latrine gegriffen, und da er seine Hände ohnehin gerade in der Scheiße hatte, entschloss er sich dazu, gleich einen ganzen Kotilm zu drehen. War Equilibrium so etwas wie "the thinking man`s Matrix", so ist Ultraviolet "the drinking man´s Equilibrium". Das Originellste an diesem knallbunten Actionkaugummi ist noch der Ansatz, ihn als Comic-Verfilmung zu tarnen, wo es doch gar keine Comicheldin namens Ultraviolet gibt. Was ist geschehen, Wimmer? In den LSD-Topf gefallen? Ein schweres Alkoholproblem?

Der Film fängt an mit einem Voiceover der "Heldin", gespielt von Milla Jovovich. "I was born into a world you may not understand". Und hey, Milla, alte Bläserin, du hast ja sooo recht! Ich verstehe tatsächlich nicht, was hier los ist. Zumindest nicht so richtig, aber das ist eh egal, denn Wimmer verprügelt den Zuseher dermaßen konsequent mit over-the-top-action, dass man fast vergisst, zwischendruch mal laut zu rufen: "Hey, das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!" Nach der "ihr werdet eh nix kapieren"-Ansprache von Jovovich gibts ein bisschen Exposition. Wir erfahren, dass das böse Militär mit einem Supervirus Supersoldaten züchten wollte (eine völlig "neuartige" Idee, Wimmer, seien sie stolz!), doch statt Supersoldaten gab´s bloß Vampire. Aber auch irgendwie nicht so richtig richtige Vampire, sondern Leute mit Vampirzähnen und irgendwelchen Superkräften und so. Warum ich so vage bleibe? Weil der verfickte Film nichts verrät! Die "Vampire" heißen hier "Hämophagen" und es herrscht Krieg zwischen ihnen und den Menschen. Ultraviolet ist eine von ihnen, aber auch wieder nicht so richtig. Tja...

Let the action begin! Der Regisseur serviert uns gleich am Anfang einen Leckerbissen, mit dem ich nicht gerechnet hätte: Er rippt doch tatsächlich die dümmste Szene eines der dümmsten Filme aller Zeiten ab. Ich spreche von "Star Crash", diesem Gehirnzellenkiller aus den 70er Jahren. Und aus diesem Megastinker entlehnt Wimmer die mindestens nobelpreisverdächtige Idee des "Human Torpedos", will heißen: Die Vampire, verzeihung, Hämophagen werfen Bomben auf ein Gebäude ab, aber anstatt dass diese explodieren, enthalten sie bewaffnete Vamp...Hämophagen. Das Gebäude ist eine Blutbank - und einen Falle, denn der Stoßtrupp, der seine Ausrüstung aus "Blade II" geklaut hat, wird bereits erwartet und...erschossen. Diese Vampire kann man also ganz leicht mit ein paar Kugeln erledigen. Dass die Hämophagen supertolle Schutzanzüge und -brillen tragen, ist absolut unnötig, denn wir werden später erfahren, dass die "Vampire" hier ganz unbesorgt durchs Tageslicht spazieren können.

Meanwhile hält der Oberbösewicht, der große Chef und Diktator der Welt, Vicecardinum Ferdinand Daxus (ja, so heißt der), Kriegsrat und präsentiert stolz die absolute Superwaffe, die den Vamp...Hämopha....ach scheiße, den Gegnern halt ein für allemal das Licht ausblasen soll. Daxus ist extrem paranoid und leidet dermaßen unter der Furcht, sich mit der "Seuche" anzustecken, dass er nicht nur alles, was er benutzt, aus verschweißten Plastiktüten holt, nein, er hat sich auch noch die Nasenlöcher zugestöpselt. ........... Ja, richtig gelesen. Der furchterregende Diktator, der Obermacker, der Endgegner trägt NASENSTÖPSEL!!! Jedenfalls muss die "Waffe" auf schnellstem Weg aus dem...äh...hab ich vergessen...aus einem wichtigen Gebäude halt geholt werden, und zu diesem Zwecke muss ein Kurier ran. Ein Motorradkurier. Klar, wäre ich im Krieg und hätte endlich die Waffe (Einzahl), um meine Feinde zu vernichten, würde ich auch den nächstbesten Fahrradlieferservice anrufen und das Ding auf die Reise schicken. Hoffentlich hat es Daxus wenigstens versichert! Die Kurierin ist - big surprise - keine andere als Ultraviolet höchstpersönlich, die sich mittels einer supertollen futuristischen Supertechnik die DNA, die Netzhaut, die Blutstruktur und was weiß der Henker noch von der richtigen Kurierin geklaut hat. Am Ziel angekommen, muss sie sich einer peinlich genauen Überprüfung unterziehen, bei der ihr Blut abgezapft wird, man ihre Natzhaut piekst und, hurrraaaa, sie sich nackig machen muss, was uns Gelegenheit gibt, das wohlgeformte Hinterteil der Jovovich anzusehen. Hier erreicht der Film seinen Höhepunkt, von nun an geht es bergab. Nachdem sie das ganze Sicherheitstamtam hinter sich gebracht hat, wird ihr die Waffe übergeben. Die Waffe ist in einem schicken kleinen Koffer. Aber da taucht plötzlich die echte Kurierin auf, was natürlich Alarm auslöst, und Ultraviolet muss eben mal alle Menschen im Gebäude töten, um per Motorrad entfleuchen zu können. Wir sehen die ersten von vielen vielen Kampfszenen. Gekämpft wird in diesem Filmchen mit Handfeuerwaffen und Schwertern (wozu zum Teufel Schwerter? Ach ja, weil es "cool" ist), und die Waffen.......die Wafffen.....WACHSEN DEN LEUTEN AUS DEN FINGERN!! Jep. Irgendsoeine Far-Out-Nano-Makro-Technik tut das möglich machen, ja ja, echt.

Muss...Gehirn...rebooten

Gehirnneustart erfolgreich, es geht weiter. Ultraviolet schnallt sich den Koffer auf den Rücken und zischt mit ihrem Bike los, verfolgt von ca. 25.000 Polizisten mit Autos, Motorrädern und Hubschraubern. Doch kaum wird die Heldin in die Enge getrieben, hat sie schon einen neuen Trick parat. Dank einer .... einer ........ äh .... hust hust .... ANTIGRAVITATIONSTECHNIK kann sie mit dem Moped die Wände von Wolkenkratzern hochfahren. Wui! Das macht sie auch, und das sieht recht rasant aus - wenn man ein Playstation 1-Spiel als Referenz hernimmt. Manno, die CGI sind vielleicht kacke! Aber ok, nachdem Ultraviolet ca 5.000 Sicherheitskräfte getötet hat, kommt sie zum Hauptquartier ihrer Vampirkumpels, kann aber, während sie im Lift hochfährt, der Versuchung nicht widerstehen, in den Koffer zu gucken. Und, padautz: Im Koffer, der in etwa Laptopgröße hat, liegt ein.... ein ... mutierter Knoblauchkranz! Ha ha, got you, das war natürlich Quatsch. Drin liegt selbstverständlich ein zirka zehnjähriger Junge, was denn sonst?

Unsere heldenhafte Massenmörderin bringt die "Waffe" zu ihren Leuten, deren Chef das Balg gleich abknallen will, da es "genetisch veränderte Blutzellen in sich trägt, die uns alle töten, wenn das Kind in der Stratosphäre zur Explosion gebracht wird". Arrrrgh, rasch, ein Glas Wasser! Das Kind ist also eine Antivampirbombe, die man hoch oben in die Luft jagt, und das herniederrieselnde Zeuch rafft dann die Homophoben, sorry, Hämophagen dahin? Ooookaaaay. Ultraviolet findet es jedenfalls gar nicht knorke, dass ihr Boss den kleinen Buben einfach so erschießen will, also hat sie schon mal vorgesorgt und das Kind durch ein Hologramm ersetzt. Mit dem Balg im Schlepptau rennt sie auf das Dach des Wolkenkratzers, wo eine Bande von .... Yakuzas? Triaden? Ninjas ohne Masken? ... ach zur Hölle, irgendwelche bösen Asiaten schon warten und sie nicht vorbeilassen wollen. Zeit für das nächste Gemetzel, das Wimmer als Mischung aus den Matrix-Kämpfen und seinen "eigenen" Highspeed-Prügeleien aus "Equilibrium" inszeniert. Logo, dass Ultraviolet alle platt macht. "I am good at killing. That´s what I do", sagt sie irgendwo mal im Film. Ich glaub es ja. Während sie sich mit dem Kind/der Waffe absetzt, besucht Oberbösling Daxus seine Erzfeinde, die Vampire/Hämophagen was auch immer, und schlägt vor, gemeinsam gegen Ultraviolet vorzugehen. Öööh, ja, das ist in höchstem Maße logisch.

Die Killertussi sucht derweilen Zuflucht bei einem Vampir-Wissenschafter, welcher in sie verknallt ist. Der untersucht den Knaben und erläutert der geschockten Dame, dass dieser nur mehr wenige Stunden zu leben habe. Außerdem trage er keineswegs ein Mittel zur Vernichtung der Hämophagen in sich, sondern eines zum Killen von Menschen. Ja Sackzement! Ultraviolet, die gerade an die 20.000 Menschen ermordet hat, ist tief betroffen über den bevorstehenden Tod des Menschenjungen. Das ist wahnsinnig glaubwürdig. Sie packt ihre Siebenkillersachen zusammen, nimmt das Gör und flieht, wird aber alsbald von den Schergen von Daxus eingeholt, welche den Jungen erschießen und auch ihr eine Kugel verabreichen. Sterbend vergießt sie eine Träne, die dem Buben aufs Gesicht platscht. Aber Obacht, Ultraviolet ist natürlich nicht hinüber, denn ihr Vampirverehrer rettet und notoperiert sie. Sie hechtet aus dem Aufwachbett und rennt los in Richtung, äh, Bösewichterhauptquartier, wo man sich gerade daran macht, den Jungen zu obduzieren, da man so das Zeugs, das in dessem Blut ist, retten will (obwohl es Menschen statt Vampire tötet?). Jetzt fängt Wimmer an, sich endgültig selbst zu parodieren, denn die Erstürmung des, was weiß man denn, Regierungssitzes vielleicht ist eine fast exakte Kopie der entsprechenden Szenen aus "Equilibrium": Spitzenkämpfer(in) metzelt sich durch immer härtere Gegner, bis er (sie) endlich zum Oberfiesomat vordringen kann. Die Kämpfe langweilen übrigens heftig, da sie immer nach dem selben, obercool sein wollenden Schema ablaufen. Beispiel: Ultraviolet ist von ca 50 schwer bewaffneten Kerlen umzingelt. Sie bückt sich, hüpft in Zeitlupe in die Luft, es macht "Whoosh", und schon hat sie alle geköpft. Bäääääh. Nicht mal Blut kriegt man zu sehen.

Schließlich sind alle tot außer dem Schurken Vicecardinum Ferdinand Daxus. Der bequatscht Ultraviolet zunächst, dass der Junge sowieso schon jenseits des Styx sei, wozu also der Aufstand und so weiter. Außerdem sei der Junge ein Klon von ihm gewesen. Aha. Nun gut, es wird zweigekämpft, und keiner kann so richtig die Oberhand gewinnen, bis Daxus plötzlich das Licht ausmacht und was völlig Schockierendes (und völlig sinnloses) enthüllt: Er ist - *Trommelwirbel* - AUCH EIN VAMPIR!!!!! Ähem, Herr Wimmer: Was ist denn das jetzt? Der Oberschurke, der gegen die eh eher harmlosen Hämophagen einen Ausrottungskrieg geführt hat, ist selber einer von ihnen? Und jetzt hat er eine "Waffe" gebaut, mit der er die Menschen ausrotten kann? Ahhh, ähhh, und wozu dann der Krieg gegen seinesgleichen? Und die Nasenstöpsel? Und wenn er schon ein Blutsäufer ist, warum will er dann seine Nahrungsquelle vernichten? Ach, Herr Wimmer, vergessen sie´s. Ist auch schon egal. Zurück zur "Geschichte": Nach ein bisschen Schwertkämpferei nimmt unsere Heroine einen Flammenwerfer und grillt Daxus. Dann nimmt sie den vermeintlich toten Jungen, geht mit ihm aufs Dach und dort erwacht der Lauser wieder zum Leben. Rückblende: Wir sehen noch einbmal, wie Ultraviolets Träne auf das Gesicht des angeschossenen Knaben pflotscht. Aha. Ihre Supervampirkräfte haben ihn also geretttet. Oder so. Wie dem auch sei, der Film ist aus.

Ach du liebe Güte! Wir haben: Keine nachvollziehbare Geschichte, Computerspielaction, grauenerregende CGI, blutleere Kämpfe (PG 13 - obwohl es um fucking VAMPIRE geht und ca. 30.000 Menschen erschossen, erstochen und enthauptet werden, fließt kein einziger Tropfen vom roten Saft?) und Milla Jovovichs nackten Arsch. Letzterer ist die Hauptsensation des Streifens. Überhaupt: Die gute Milla sieht toll aus mit dunklen langen Haaren, das muss man einräumen. Aber abgesehen vom Hintern und den schönen Augen der Hauptdarstellerin kann der Film GAR NIX, was auch das Publikum so gesehen hat. Zumindest in den USA hat der Film, der 30 Millionen Dollar gekostet hat, nur 18 Millionen eingespielt. Ein völlig verdienter Flop, der sich in eine Reihe mit ähnlich misslungenen Filmen über weibliche "Superheldinnen" (im weitesten Sinne, denn Ultraviolet ist recht eigentlich nix anderes als eine Massenmörderin) stellt. Wieso schafft es niemand, einen Film mit einer Tussi als Superheldin annehmbar zu machen? Lara Croft? Kacke! Catwoman? Indiskutabel! Elektra? Nix gut! Aeon Flux? Totalreinfall! Und "Ultraviolet" reiht sich nahtlos in diese traurige Serie von künstlerischen und kommerziellen Misserfolgen ein.

Wertung: 2/10