Montag, Dezember 18, 2006

Noch eine Filmkritik: "Tokyo Zombie"


Und wieder ein Versuch aus Japan, westliche Horror-Topoi zu adaptieren. Und wieder ging´s böse daneben. Schade, denn hier haben wir fleischfressende, romeroeske Untote, gute Schauspieler, ein paar der besten Zombie-Apokalypse-Darstellungen der vergangenen Jahre, solide Effekte, eine sehr gute Fotografie, Humor, keine üblen Production-Values....und trotzdem ist das ein Stinker. Woran liegt das?

Eine Punktation:

-Zuvorderst fällt auf, dass Regisseur Sakichi Satô, der bei Kill Bill Vol. I mitspielen durfte, ein pöser Plagiator ist. Für "Tokyo Zombie" (gedreht 2005) hat er dermaßen frech bei gleich zwei Romero-Spitzenprodukten abgekupfert, dass es weh tut. Wir haben nicht nur eine japanische Variante von "Fiddler´s Green" - die Reichenzuflucht samt Slum-Umgebung aus "Land of the Dead" - nein, wir haben auch die "Rocker" (japanese Style), die mit Krawall und Trara den Zombies die Tür öffnen, ganz wie in "Dawn of the Dead". Zum Drüberstreuen gibt es auch noch eine an "Kill Bill" angelehnte Zeichentricksequenz, die hier für den Handlungsverlauf völlig überflüssig ist.

-Dann kommt hinzu, dass Satô das Kunststück schafft, platte Homophobie UND aggressive Misogynie einzubauen und GLEICHZEITIG in homoerotischen Einstellungen zu schwelgen. Das hat echten Seltenheitswert und lässt Rückschlüsse auf des Regisseurs psychosexuelle Probleme zu. So verwandelt sich beispielsweise eine Szene, die als Anklage gegen einen pädophilen Lehrer gemeint ist, geradezu in Pornographie, da Satô den Seher zwingt, in Nahaufnahme dabei zuzusehen, wie der Pädagoge einen Knabenarsch spankt. Frauen kommen in "Tokyo Zombie" übrigens ausnahmslos als blutgeile Schlampen oder rücksichtslose Verbrecherinnen vor (mit Ausnahme des Schlusses, der den entstandenen Eindruck aber nicht mehr löschen kann). So gibt es etwa mehrere Szenen, in denen ("Land"-Abkupferalarm) in einer Art Arena Menschen gegen Zombies kämpfen müssen. Das johlende, nach Mord und Verstümmelung schreiende Publikum besteht zu 99 Prozent aus Frauen. In einer anderen Szene wird eine Gruppe von Upper-Class-Weibern per Gattling-Gun minutenlang mit Urin und Kot bespritzt (!!!)

-Der Humor, der hier allgegenwärtig ist und den Film zu einer Horrorkomödie a la "Shaun of the Dead" machen soll, erschließt sich mir nicht wirklich. Das könnte ein kulturelles Problem sein, denn der japanische Humor ist - übrigens im Gegensatz zum chinesischen - durchsetzt mit extremen Sadismen und sexuellen Perversionen. Liebe Japsen: Ich weiß ja, dass ihr es mit Schulmädchen und knappen Röcken und Upskirtvoyeurismus usw habt, aber ist das immer noch "komisch" für euch?

Ich werd mal nicht viel vom Inhalt spoilern, nur soviel: Die Hauptcharaktere sind ein Jiu Jitsu-fanatischer Glatzkopf namens Mitsuo und dessen "Schüler" Fujio, ein geistig zurückgebliebener junger Kerl. Beide arbeiten am Rande der Müllkippe in einem Lager und verbringen ihre Arbeitszeit damit, die erwähnte Kampfsportart zu trainieren. Wir kriegen - über weite Teile des Films verteilt - minutenlange, extrem langweilige Kämpfe der beiden zu sehen, wobei gesagt werden muss, dass Jiu Jitsu in etwa gleich öde und schwul aussieht wie Griechisches Ringen. Dann beginnt die Zombieepedemie und das ungleiche Duo muss ums Überleben kämpfen. In diesen Szenen hat "Tokyo Zombie" durchaus seine Meriten, denn die - leider kurzen - Einstellungen, die ein mit Zombies verseuchtes, apokalyptisches Tokyo zeigen, sehen toll aus und könnten glatt von Romero persönlich stammen. Oder zumindest von Zack Synder, har har. Jedenfalls treffen unsere beiden Flaschen beim Versuch, einen Supermarkt auszuräubern, auf eine Rumtreiberin und nehmen die gegen ihren Willen mit, doch der Jiu Jitsu-Meister wird dabei von einem Zombie gebissen und begeht Selbstmord. Dann kommt ein Insert: "Fünf Jahre später", eine sinnfreie Zeichentricksequenz und voila, wir sind in "Fiddler´s Green", äh, in dessen Tokyoter Kopie, wo sich der inzwischen etwas schlauer gewordene Fujio seinen Lebensunterhalt damit verdient, in Schaukämpfen gegen Zombies anzutreten. Die Superreichen haben eine Art superfaschistisches Regime erschaffen, wo die Armen dazu gezwungen werden, mittels diesen Dingern, die man zur Stärkung der Fingermuskulatur benutzt (keine Ahnung, wie die heißen) Energie für die Reichen zu erzeugen. Ich weiß, das ist völlig absurd und fast schon surreal, aber hey, this is Japan! Eines Tages hört Fujio die Anheize des Ringmasters (der übrigens als verachtenswerte Klischee-Schwuchtel dargestellt wird), wonach er gegen einen "Glatzenzombie" kämpfen werde. Wird das am Ende gar sein alter Meister und Freund Mitsuo sein?

Hmpf, das hätte gut werden können, wäre der Film nicht mit absurden Dialogen, langweiligen Kampfszenen und einer grundsätzlich völlig hirnrissigen Handlung gestraft. "Tokyo Zombie" soll ja eine Komödie sein. Ist es möglich, dass Japaner Geisteskranke und deren wirre Welt lustig finden? Oder zumindest "kultig"? Ich kann damit leider nix anfangen und daher ist "Tokyo Zombie" für mich bloß ein weiteres Produkt einer schwer kranken Gesellschaft, in der sadomasochistische, frauenfeindliche und latent homoerotische Tendenzen die Alltagskultur bestimmen und entsprechend verkorkste Varianten von "Humor" und "Horror" hervorbringen.

Wertung: Mit zugedrückten Augen und gutem Willen 4/10

1 Comments:

Blogger liberalinösterreich said...

Dr. Hannibal Lecter ist und bleibst die Beste Horrofigur für mich. ;-)

Die Japaner versuchen leider einfach zuviel nachzumachen. Dabei hätten sie selbst so eine schöne Kultur.

Gruß

6:28 AM  

Kommentar veröffentlichen

<< Home