Donnerstag, August 31, 2006

"Österreich"

Sodala, morgen kommt also Österreich. Nein, Sie Ferkel, das heißt nicht, dass Österreich einen kollektiven Orgasmus erleben wird. "Österreich" ist eine neue Tageszeitung, gegründet von Wolfgang Fellner. Na schauen wir mal. Grundsätzlich ist jede neue Zeitung in dieser Medienmonokultur zu begrüßen. Niveau und Tiefgang wird man sich wohl nicht erwarten dürfen.

Mittwoch, August 30, 2006

Ohne Kommentar

Mein lieber Uri,

schon drei Tage lang beginnen fast alle meine Gedanken mit Nein. Nein, er wird nicht kommen, wir werden nicht reden, werden nicht lachen. Nein, er wird nicht mehr da sein, dieser Junge mit dem ironischen Blick und dem irren Humor, dieser weit über seine Jahre gereifte junge Mann. Nein, es wird sie nicht mehr geben, dieses warme Lächeln und den herzhaften Appetit, diese seltene Verbindung von Entschlossenheit und Feingefühl, von gesundem Menschenverstand und Herzensweisheit. Nein, sie sind nicht mehr, Uris unendliche Zärtlichkeit und die Ruhe, mit der er jeden Sturm ausglich. Und nein, wir werden nicht mehr gemeinsam die Simpsons und Seinfeld gucken, nicht mehr Johnny Cash mit dir hören, nicht mehr deine feste, Halt gebende Umarmung spüren. Und nein, wir werden dich nicht mehr lebhaft gestikulierend mit Jonathan gehen und reden oder deine heiß geliebte Schwester Ruthi umarmen sehen.

Mein geliebter Uri, dein ganzes kurzes Leben lang haben wir alle von dir gelernt. Von deiner Kraft und Entschlossenheit, deinen eigenen Weg zu gehen. Ihn auch dann zu beschreiten, wenn er aussichtslos aussah. Wir verfolgten staunend dein Ringen um die Aufnahme in den Panzerkommandeurslehrgang. Wie du deinen Vorgesetzten nicht nachgabst, weil du wusstest, dass du ein guter Befehlshaber sein konntest, und nicht bereit warst, weniger zu geben, als in deinen Kräften stand. Und als du es geschafft hattest, dachte ich: Hier ist ein Mensch, der schlicht und nüchtern seine Fähigkeiten kennt. Der keine Anmaßung und keine Überheblichkeit in sich stecken hat. Der sich nicht darum schert, was die Leute sagen. Der in sich ruht.

Du warst der Linke in deinem Bataillon, und man achtete dich, denn du vertratst deine Meinungen, ohne deine militärischen Aufgaben im Geringsten zu vernachlässigen. Ich weiß noch, wie du mir von deiner »Kontrollpostenpolitik« erzähltest, denn auch du hast ja häufig an den Kontrollposten gestanden. Du sagtest, wenn in dem Wagen, den du stoppst, ein Kind sitzt, versuchst du immer erst, es zu beruhigen und zum Lachen zu bringen. Und du denkst immer daran, dass dieses Kind ungefähr in Ruthis Alter ist. Und stellst dir immer vor, welche Angst es vor dir hat. Und wie es dich hasst und dass es Gründe dafür hat. Und dass du trotzdem alles tust, um ihm diesen schrecklichen Augenblick so weit wie möglich zu erleichtern – dabei aber auch deine Aufgabe ohne alle Abstriche erfüllst.

Als du in den Libanon ausrücktest, sagte Mutter, am meisten fürchte sie dein »Elifelet-Syndrom«. Das heißt, wir fürchteten sehr, wenn es einen Verwundeten zu bergen gälte, würdest du – gleich dem Elifelet im Lied (dem vertonten gleichnamigen Gedicht von Nathan Alterman über einen Soldaten im israelischen Unabhängigkeitskrieg, Anm. d. Red.) – geradewegs ins Feuer rennen, und du wärst der Erste, der sich meldete, um Nachschub an längst ausgegangener Munition zu holen. Und wie du dein Leben lang warst, zu Hause und in der Schule und beim Wehrdienst, und wie du immer bereitwillig auf Urlaub verzichtet hast, weil ein anderer Soldat ihn dringender brauchte oder weil die Lage bei ihm daheim schwieriger war – genauso würdest du auch dort, im Libanon, handeln, mitten im harten Krieg.

Du warst mir Sohn und Freund. Und das warst du auch für Mutter. Wir sind seelenverwandt. Du warst eins mit dir, ein Mensch, mit dem man gern zusammen ist. Jedes Mal, wenn du auf Urlaub kamst, sagtest du: Vater, lass uns reden. Und dann gingen wir gemeinsam weg, meist in ein Lokal, und setzten uns hin und redeten. Ich weiß noch, wie du einmal mit mir überlegt hast, ob du einen deiner Soldaten, der irgendein Dienstvergehen begangen hatte, bestrafen solltest. Wie hast du dich mit dieser Entscheidung gequält, in dem Wissen, dass du dir den Zorn deiner Soldaten zuziehen würdest, und auch den Zorn anderer Befehlshaber, die gewisse Regelverstöße nachsichtiger behandelten. Und tatsächlich hast du gesellschaftlich einen hohen Preis bezahlt für deine Entscheidung, den Soldaten zu bestrafen, aber gerade dieser Vorfall wurde später zu einer der Leitgeschichten des ganzen Bataillons und setzte einen Maßstab für anständiges Verhalten und Achtung der Gesetze. Und bei deinem letzten Urlaub erzähltest du mir in deinem schüchternsten Stolz, wie der Bataillonschef, im Gespräch mit neuen Befehlshabern der Einheit, deine klare Entscheidung als Musterbeispiel für das richtige Verhalten eines Vorgesetzten angeführt hatte.

Ich werde zu diesem Zeitpunkt nichts über den Krieg sagen, in dem du ums Leben gekommen bist. Wir, unsere Familie, haben diesen Krieg schon verloren. Der Staat Israel wird nun seine eigene Bilanz halten. Wir ziehen uns in unseren Schmerz zurück, umgeben von unseren guten Freunden, eingehüllt in eine mächtige Liebe, die wir heute von so vielen Menschen erfahren, die wir zum großen Teil gar nicht kennen, und ich danke ihnen allen für ihre grenzenlose Unterstützung.

Möge uns die Fähigkeit gegeben sein, diese Liebe und Solidarität einander auch in anderen Zeiten zu schenken. Das ist vielleicht unsere ureigenste nationale Ressource. Das ist unser großer menschlicher Naturschatz. Möge es uns gelingen, etwas sanfter miteinander umzugehen. Mögen wir es fertig bringen, uns jetzt, wahrlich in letzter Minute, zu retten, denn es stehen uns noch sehr schwere Zeiten bevor.

Ich möchte noch ein paar Worte sagen.

Uri war ein sehr israelisches Kind. Sogar sein Name ist so israelisch und so hebräisch. Er war die Quintessenz des Israeliseins, wie ich es gern sehen würde. Das beinah vergessen ist. Das manchmal fast als Kuriosum gilt. Oft habe ich ihn mir angeschaut und gedacht, er ist eigentlich ein etwas anachronistisches Kind. Er und auch Jonathan und auch Ruthi. Solche Fünfziger-Jahre-Kinder. Uri mit seiner absoluten Redlichkeit und seinem Verantwortungsbewusstsein für alles, was um ihn her vorging. Uri, der immer zur Stelle war. Auf den man sich in allem verlassen konnte. Uri mit seiner tiefen Empfindsamkeit für alles Leid, alles Unrecht. Und mit seiner Barmherzigkeit. Ein Wort, bei dem ich – wann immer ich es dachte – an ihn dachte.

Und er war ein idealistischer Mensch. Dieses Wort ist in den letzten Jahren abgewertet, sogar lächerlich gemacht worden. In unserer zerrissenen und grausamen und zynischen Welt ist es nicht »cool«, idealistisch zu sein. Oder ein Humanist. Oder wirklich sensibel zu sein für die Not des Anderen, auch wenn der Andere ein Feind auf dem Schlachtfeld ist.

Aber ich habe von Uri gelernt, dass man das eine wie das andere kann und muss. Wir müssen tatsächlich »für unser Leben eintreten«, aber in der zweifachen Bedeutung des hebräischen Wortes – für Leben und Seele eintreten: Wir müssen unser Leben verteidigen, aber auch unsere lebendige Seele bewahren, sie hartnäckig gegen die Verlockungen der Macht und des einseitigen Denkens schützen, gegen den schädlichen Einfluss des Zynismus. Gegen die Grobheit des Herzens und die Geringschätzung des Menschen, denn diese sind der wahre Fluch derer, die ihr ganzes Leben in einer Katastrophenregion wie unserer hier verbringen.

Uri hatte einfach den Mut, er selbst zu sein, immer in jeder Lage und bei allem, was er sagte und tat, genau den richtigen Ton zu finden, und das hat ihn gegen Ansteckung und Verfall und seelische Verarmung gefeit.

Liebe Freunde, in der Nacht von Samstag auf Sonntag, um zwanzig vor drei, klingelte es an unserer Haustür. An der Sprechanlage sagten sie: »Wir kommen vom Standortältesten«, und ich ging aufmachen und dachte mir: Das war’s, das Leben ist zu Ende.

Aber als Michal und ich fünf Stunden später in Ruthis Zimmer gingen und sie weckten, um ihr die schlimme Nachricht mitzuteilen, sagte Ruthi, nach dem ersten Tränenausbruch: Aber wir werden doch leben, nicht wahr? Wir werden leben wie früher, und ich möchte weiter im Chor singen, und dass wir lachen wie immer, und ich möchte Gitarre spielen lernen. Und wir umarmten sie und sagten, dass wir leben würden.

Unser Leben ist nicht zu Ende. Wir haben nur einen sehr schweren Schlag abbekommen. Die Kraft, ihn durchzustehen, schöpfen wir aus uns selbst, aus unserem Zusammenhalt, dem von Michal und mir und unseren Kindern und auch von Großvater und den Großmüttern, die ihn von ganzem Herzen geliebt haben – Neschúmme nannten sie ihn, denn er war durch und durch neschamá, eine Seele.

Und unsere Kraft schöpfen wir auch aus Uri. Er hatte Stärken, die uns viele Jahre hindurch reichen werden. Er strahlte so stark vor Leben, vor Vitalität, vor Wärme und Liebe, und dieses helle Licht wird uns weiter scheinen, auch wenn der Stern, der es ausstrahlte, schon erloschen ist.

Unser Liebster, wir schätzen uns glücklich, dass wir mit dir leben durften. Danke für jeden Augenblick, in dem du unser gewesen bist.

Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama

Uri Grossmann, fiel am 12. August, zwei Tage vor dem Beginn der Waffenruhe, im Libanon-Krieg. Der 20-Jährige leistete seinen Wehrdienst. »Uri war ein sehr israelisches Kind«, sagte sein Vater, der Schriftsteller David Grossmann, in seiner Trauerrede

Der Terror ist besiegbar

Seit Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts führen radikale Islamisten einen erbitterten weltweiten Krieg gegen die Werte der demokratischen und läizistischen Staaten. Mittlerweile haben sie es geschafft, ihren Terror, der sich zunächst gegen den Kommunismus, danach gegen alle fortschrittliche und gemäßigte Kräfte, vor allem aber gegen Randgruppen und Frauen innerhalb der islamischen Welt richtete, in die großen westlichen Städte zu tragen. Nach dem Massenmord in London und den versuchten Attentaten in Deutschland hat die Verunsicherung, die in den USA nach dem 11. September 2001 um sich gegriffen hatte, auch Europa erreicht. Anders als in den grundsätzlich optimistischen Vereinigten Staaten reagieren Europas Meinungsführer und Intellektuelle jedoch so, wie sie es gelernt haben: Entweder mit Schuldzuschiebungen an die Opfer oder mit Verzagen. Resignative und pesimistische Haltungen herrschen derzeit vor, und die Naivität mancher Europäer, welche Ursache und Wirkung nicht mehr auseinanderhalten können und hoffen, durch politisches und militärisches Stillhalten den Spuk der nekrophilen islamistischen Bomber exorzieren zu können, schmerzt. Allein, dies ist falsch gedacht und widerspricht allen Erfahrungen, die die Welt bisher mit Staatsfeinden gemacht hat. Weder gibt es einen Anlass, auf die wahnsinnigen Forderungen der Terroristen auch nur ansatzweise einzugehen, noch besteht Grund für weinerliche Verzweiflung. Der Terror ist nicht unbesiegbar, die Verbrecher sind nicht unantastbar, und zusätzlich zur Verbreitung demokratischen Bewusstseins und dem Anbieten ökonomischer Perspektiven kann man der Gefahr sehr wohl auch mit den klassischen Gewaltmitteln des Staates zu Leibe rücken.

Der "Leuchtende Pfad" in Peru wurde nicht durch gutes Zureden zum Rückzug in die Bedeutungslosigkeit überredet. Härteste Polizeimaßnahmen, die oft genug den Menschenrechten Hohn sprachen, brachen der Guerilla das Kreuz. Um diese Maoisten, die gerne mal das eine oder andere Massaker unter der Zivilbevölkerung anrichteten und rigide Dogmatiker waren, ist es übrigens nicht schade. Die deutsche RAF gab auf, weil ihr nach dem Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten nicht nur ein Rückzugsgebiet und ideologischer Bezugspunkt, sondern auch jegliche logistische und finanzielle Unterstützung abhanden gekommen war, und weil sich die von ihr bedrohten Eliten mit aller Macht zur Wehr gesetzt hatten. Die nordirische IRA, ohnenhin eine vergleichsweise pragmatische Organisation, konnte erfolgreich an den Verhandlungstisch und an die Futtertröge gelockt werden. Neonazistische Umtriebe konnten bisher durch eine massive Unterwanderung duch Inlandsgeheimdienste von der Mutation in eine reale terroristische Gefahr abgehalten werden.

Nun sind die fanatisierten und gehirngewaschenen militanten Islamisten nicht vergleichbar mit relativ rationalen politischen Untergrundkämpfern. Ihre Ziele - die Abschaffung aller Staatsformen, die nicht die Scharia zur Grundlage haben, die Vernichtung Israels, die Weltherrschaft des Islams, die völlige Unterwerfung der Frauen - sind dermaßen jenseitig, dass sie nicht verhandelbar sind. Wie bei Nazis ist hier jegliche Appeasementpolitik fehl am Platze. Dennoch gibt es Parallelen zu anderen Terrornetzwerken, die erfolgreich beseitigt werden konnten. Am dringlichsten erscheint es, den Geldfluss aus islamischen Staaten an diese Leute zu unterbrechen. Immer noch haben vor allem Saudi Arabische Milliardäre gut ausgestattete Spendierhosen an, wenn es gilt, den Radikalismus der selbst ernannten Djihadisten zu fördern. Europa und die USA sollten sich zu einem eindeutigen Ultimatum aufraffen und den Saudis und anderen islamischen Staaten, allen voran dem Iran, mitteilen, dass weder die direkte Finanzierung von Terroristen, noch die Förderung eines entsprechenden geistigen Elends durch das Sponsoring von Koranschulen und schon gar nicht eine verdeckte Zusammenarbeit ihrer Geheimdienste mit den Mördern toleriert werden kann. Aber der wohl wichtigste Punkt: Wer den islamistischen Terror loswerden will, darf nicht davor zurückschrecken, den muslimischen Gemeinden in Europa unmissverständlich klar zu machen, dass Agitation gegen die demokratischen Werte und feindliche Haltungen gegenüber dem liberalen Rechtsstaat nicht länger akzeptiert werden. Im Umgang mit islamistischen Tendenzen mitten in unserer Gesellschaft muss endlich Schluss sein mit einer Toleranz, die das Entstehen und Florieren einer mördrischen Intoleranz gewähren lässt. Der Religionsfreiheit muss dort eine Grenze gesetzt werden, wenn sie zur Abschaffung aller anderen Freiheiten missbraucht wird.

Dienstag, August 29, 2006

Angstbeißer

Unser aller Lieblingskatholik, der Herr Bundeskanzler, mag gelassen wirken wie ein Phlegmatiker auf Valium, der Kärntner Landeshauptmann mag zwischen zwei Parteidochnichtneugründungen vom großen Aufschwung für “sein” Land fantasieren und jeden klagen, der nicht mitträumen will: Den Menschen geht´s trotzdem nicht so leiwand. Die ständigen Drohungen, man wolle sich sozialromantischen Klimbim wie die 40-Stunden-Woche, die Behandlung von Blinddarmdurchbrüchen, menschenwürdige Pensionen und gerechte Entgelte nicht mehr leisten wollen, sorgen für miese Laune beim Pöbel. Während die Menschenfreunde in den Chefetagen sich zwischen zwei Linien Koks darüber wundern, dass man Nackten wider Erwarten nicht in die Tasche greifen kann, zeigen die Opfer des neoliberalen Umbaus Nerven. Die Menschen haben Angst, und Angst macht bekanntlich aggressiv. Um das zu wissen braucht man kein einziges Buch von Verhaltensforschernazis und/oder Grünparteimitbegründern gelesen zu haben. Es ist so. Noch sind Fälle von Road Rage und Amok laufenden Postboten in Österreich rar, doch die menschlichen Zeitbomben ticken hörbar. Das sei anhand dreier Beispiele illustriert.

Beispiel 1: Ich lebte bis vor kurzem in einer Kleinmietwohnung in einem Haus, deren Errichtern man vieles, aber keinesfalls den verschwenderischen Umgang mit Baumaterialien vorwerfen darf. Die Wände waren so dünn, dass ich nachts meinen Nachbarn, der NICHT unter Asthma litt, so deutlich atmen hören konnte, als wäre er in meinem Bett gelegen. Ich ertrug sein Luftholen mit Langmut, doch er war nicht so tolerant. Machte ich nach 20 Uhr den Fehler, etwas über Zimmerlautstärke Musik zu hören, brüllte er verlässlich und mit voluminöser Cholerikerstimme “Aruaisjetzt” und pochte mit Händen und Füßen gegen die Wand, womit er natürlich seine laut vorgebrachte Forderung selbst konterkarierte. Eines Tages stand mein geschätzter Anwohner vor meiner Tür und begehrte, mich zu sprechen. Ich sah einen kleinen Mann, dessen Gesicht die Farbe einer reifen Tomate hatte und an dessen Stirn die Adern pulsierten wie bei einem untrainierten Langstreckenläufer. Ich solle gefälligst meine nächtlichen Ruhestörungen einstellen, da er immerhin “in der Früh arbeiten gehen” müsse, wofür er “seinen Schlaf” brauche, was ich als “Tagedieb” aber wohl nicht nachvollziehen könne. Ich betrachtete das vor Wut zitternde Männlein und sagte diesem dann, dass ich morgens das Haus zumeist vor ihm verlassen würde und er im übrigen auf seinen Blutdruck achten solle. Er hielt kurz inne, wohl überlegend, ob er zuschlagen solle und falls ja, welche Konsequenzen dies für ihn hätte, drehte sich dann mit soldatischer Zackigkeit um und bebte wortlos die Treppe hinab. Eine Woche später erfuhr ich, dass er mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus gelandet war.

Beispiel 2: Kürzlich zogen meine Gattin und ich in eine größere Wohnung, da uns das Leben auf 30 Quadratmetern, garniert mit dauerklopfenden Nachbarn, nicht länger erstrebenswert schien. Nachdem wir den üblichen Übersiedlungsstress weitgehend hinter uns gebracht hatten, wurden wir von einem der neuen Nachbarn auf das allerfreundlichste begrüßt. Der ältere Herr, den ich zuvor noch nie gesehen hatte, stürmte auf uns zu, plusterte sich zur vollen Blockwartautoritätsfigur auf und bellte: “Ihr habt bei euch mit Nitroverdünnung gearbeitet. Meine ganze Wohnung war voll von dem Geruch, ich bekam Kopfschmerzen und konnte nicht mehr atmen. Sollte ich Spätefolgen davontragen, hört ihr von meinem Anwalt.” Bevor wir antworten konnten, war der nette alte Mann davongehoppelt. Wir waren dermaßen verblüfft, das wir laut loslachten, wohl wissend, dass alle Arbeiten in der Wohnung von Professionisten und auf Rechnung erledigt worden waren. Doch Lachen ist verboten, daher kam der mit einem grauen Hut bewaffnete Nachbar zurück und brüllte, dass “in diesem Hause Ordnung” herrsche und, mit einem giftigen Blick auf meine Gattin: "Ausländer brauchen wir hier nicht". Danach machte er sich im Siegestaumel davon, wirre Kommentare über eine drohende bzw. im Gange befindliche “Völkerwanderung” von sich gebend. Während ich seinen Abgang betrachtete, kam mir der Gedanke, dass ich wohl eine Rechtsschutzversicherung abschließen sollte.

Beispiel 3: An einem hübschen, ja herausgeputzten Sommertag war ich mit meinem Auto in einem Teil Klagenfurts unterwegs, den ich selten aufsuche und daher dort nicht alle Straßen kenne. Bester Stimmung parkte ich aus und fuhr los, leider gegen die Einbahn. Das war nicht so tragisch, denn ich wusste es einerseits ja nicht besser, anderseits war die Straße sehr breit und ich musste nur wenige Meter fahren, um wieder auf eine Hauptverkehrsader zu stoßen. Eine sehr elegant gekleidete Dame mittleren Alters, die mir mit ihrem Anwaltskanzleiteilhaberinnenmerzedes entgegenkam, fühlte sich jedoch berufen, Verkehrsbürgerwehr zu spielen, stellte ihren Wagen quer, kurbelte das Fenster herunter und begann zu brüllen. Der Anblick war faszinierend, wie Mr. Spock es ausdrücken würde: Unter der 500-Euro-Frisur und über dem 5.000-Euro-Kleid steckte kein menschlicher Kopf, sondern ein weit geöffnetes Raubtiermaul, dem nicht nur Flüche, die jeden Rapidfan rot werden lassen würden, sondern auch große Mengen Speichel entfuhren. Nachdem sich mein Gesichtssinn beruhigt hatte, konnte ich Worte hören, die, vornehm ausgedrückt, klagswürdig waren. Ich wollte die Frau kalmieren, doch die ließ das nicht zu. Sie machte im Gegenteil anstalten, aus ihrem Wagen zu springen, um die Welt von einem bösen Verkehrssünder zu befreien. Als ich noch sah, dass sie in ihrer Handtasche hektisch nach etwas suchte, packte mich doch die Panik und ich entfernte mich mit Vollgas.

In den Wäldern kursiert bereits das geflügelte Wort, wonach der Wolf dem Wolfe ein Mensch sei, hat mir ein für gewöhnlich gut informierter Specht berichtet. Der von altersentimentalen Leuten gerne vertretenen Meinung, dass früher alles besser gewesen sei, mag ich mich zwar nicht anschließen, doch ist die zunehmende Dünnnervigkeit der lieben Mitbürger auffallend. Zwei mögliche Lösungen sehe ich, um die Generalverbitterung aufzuhalten: Entweder nimmt die Politik wieder ein bisschen mehr Rücksicht auf die Interessen der arbeitenden Bevölkerung, oder man mischt Beruhigungsmittel in die Trinkwasserreservoirs. Man möge sich bitte rasch für eine der beiden Varianten entscheiden, sonst werde ich nämlich ernsthaft grantig!

Montag, August 28, 2006

The dark side

In unregelmäßigen Abständen werden die Besucher dieses Blogs in den Genuss meiner Huldigungen an die gescheiterten Existenzen des Rock-Busines kommen. Den Anfang macht Tim Hardin.

Ein Freund mit einer Straße im Kopf
Tim Hardin, der heroinsüchtige Troubadour

England 1980. Der fast vergessene amerikanische Singer-Songwriter Tim Hardin gibt sein letztes Interview. Der Reporter vermeidet es, den verwirrten Sänger auf dessen Heroinprobleme anzusprechen, aber Hardin geht in die Offensive: “Du denkst, ich sei auf Heroin? Bin ich aber nicht. Siehst du etwa irgendwo Einstichlöcher?”. Er zieht sein Hemd aus, um den Journalisten zu überzeugen, und der sieht, dass Hardins Arme mehr Löcher haben als das Gedächtnis von Ozzy Osbourne. Hardin ist so high, dass er tatsächlich fantasiert, er sei clean. Zwei Wochen später mischt der 39-Jährige Morphium mit Heroin und stirbt an einer Überdosis.

Asien in den 50er Jahren. Ein blutjunger Soldat namens Hardin hängt mit ehemaligen US-Soldaten ab, die den Horror des Korea-Krieges erlebt haben und wie viele andere, die im Namen des Freihandels in Asien ihren Arsch in den Kugelhagel halten mussten, ein Mittelchen gegen Angst und Alpträume gefunden haben: “China White”, eine besonders reine Heroinsorte. Zurück in den USA widmet sich Tim nur mehr zwei Dingen: Lieder schreiben und Stoff besorgen. Hardins Kompositionen werden rasch unter das damals populäre Label “Folk” eingeordnet, und tatsächlich sind Songs wie “If I were a carpenter”, “Reason to believe” oder “Red Balloon”, die Hardin 1967 veröffentlicht, oberflächlich betrachtet bestes Rohmaterial für Lagerfeuer-Wanderklampfen-Fußgeherzonen-Sentimentalitätsbelästigung. Was Hardin aber einzigartig macht, ist die Art, wie er singt. Mit seiner verrauchten Selbstmörderstimme haucht Tim den Liedern eine schmerzhafte Authentizität ein, die sie zu großer Poesie machen. Zwischen Blues und Soul souverän mäandernd, wie es später nur noch Van Morrison fertig bringen sollte, singt Hardin über die Suche nach der bedingungslosen Liebe, die zwangsläufig erfolglos verlaufen muss.

Nach Hardins kreativem Outburst von 1967 zählt er zu den ganz großen Songwritern. Sogar Bob Dylan outet sich als Fan. Tim aber fällt in ein schwarzes Loch aus Depressionen, Paranoia und Schreibblockade, all das garniert mit exzessivem Heroinkonsum. Die Musikpresse will ihn schon totschreiben, als er 1970 sein Opus Magnum veröffentlicht: “Suite for Susan Moore and Damian”, ein Konzeptalbum über seine große Liebe, die Schauspielerin Susan Yardley und den gemeinsamen Sohn Damian. Susan hatte ihn kurz zuvor verlassen und Damian mitgenommen, da sie das Zusammenleben mit dem emotional höchst instabilen Junky nicht mehr aushielt. “Suite” ist eine jener Platten, die dem Hörer wie ein Grabstein auf den Schädel knallen. Nie zuvor hat jemand seine Qualen, Sehnsüchte und Träume so ungeschminkt in Worte und Musik gefasst. Ganz direkt und dennoch ungemein poetisch kommt dieses Meisterwerk daher, und wer bei der musikalischen Kindheitserinnerung “Last sweet Moments (of a childhood dream)” nicht Tränen vergießt, hat kein Herz. Trotz aller Finsternis schillert in manchen Singles, die Hardin zwischendurch veröffentlicht, auch seine andere, humorvolle Seite durch. Im von anarchistischen Ideen inspirierten “Simple Song of Freedom” schlägt er etwa vor, Präsidenten, Könige, Premierminister und andere Arschlöcher, die gerne Krieg führen, in eine Kampfarena zu sperren, wo sie sich gegenseitig umbringen können. Und in “Old time smuggeling man” verspricht Tim, dass er alles, was illegal ist, besorgen könne, wenn man ihn dafür nur bezahle. Herrlich unmoralisch ist etwa die Zeile aus diesem Song “I sell guns to the Arabs / I sell Dynamite to the Jews”.

Ein Jahr später schiebt Hardin die LP “Bird on a Wire” nach, eine Mischung aus Coverversionen und Eigenkompositionen. Unterstützt von einer kompetenten Studioband, zu der auch Joe Zawinul gehört, interpretiert Tim Songs von Leonard Cohen, John Lee Hooker und anderen. Bluesig geht es hier zu, und zwar auf die unheimliche, finstere Art. Zu den von Hardin geschrieben Liedern zählt das autobiographische “Andre Johray”, das von einem “Freund mit einer Straße im Kopf” erzählt und die wohl kürzeste und dennoch genaueste Kapitalismusanalyse in Reimform enthält (“Will we ever run free of those worldly wantings / that sent the unhungry out hunting?”).

Nach diesem Album ist Sendepause. Hardin zieht nach England, da es im Königreich damals für schwer Heroinabhängige Stoff vom Staat gibt. In fast zehn Jahren veröffentlicht Tim gerade mal drei Platten, die man getrost vergessen kann. Er ist künstlerisch genau so ausgebrannt, wie er körperlich und seelisch am Ende ist. Sechs Tage nach seinem 39. Geburtstag setzt er sich die finale Spritze.

Samstag, August 26, 2006

"Wir sind wir", singt das Affenrudel

Jörg Haider hat es mal wieder geschafft, unter der ohnehin schon fast auf Bodenniveau liegenden Limbolatte der politischen Kultur hindurch zu tanzen. Er ließ Kärnten mit Plakaten zukleben, auf denen die Bewohner dieses slawischen Gebildes in all ihrer Hässlichkeit abgebildet sind und debil unter dem Slogan "Wir sind wir" hervorgrinsen. "Wir sind wir", das ist der ins Hochdeutsche übersetzte Wahlspruch aller Lernresistenten: "Mia san mia". Mit dieser Killerfloskel pflegt der österreichische Abschaum sich Einmischungen oder Ratschläge zu verbitten, und seien diese noch so berechtigt oder wohlmeinend.

Haider rechnet damit, dass er durch Anstacheln des kärntner Lokalpatriotismus doch noch den Einzug seiner grotesken Partei "BZÖ" in den Nationalrat schaffen kann. Daher auch seine ständigen Provokationen in der so genannten Ortstafelfrage. Unter dem Applaus gar nicht weniger Kärntner weigert sich Haider, den Staatsvertrag und entsprechende Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes umzusetzen und erfindet fast jede Woche neue Sticheleien gegen "die in Wien". Der feuchte Traum des windigen Politschurken ist sicherlich, dass noch vor den Wahlen Einheiten der Bundespolizei den Rechtszustand in Kärnten herstellen, zweisprachige Ortstafeln aufstellen und jede einzelne dieser Tafeln bewachen. Doch Kärnten wird nicht Österreichs Alabama, so dumm sind "die in Wien" nun auch wieder nicht, als dass sie dem Haiderlein diesen Gefallen täten.

"Wir sind wir" also. Was kommt da noch? "Geht´s scheißen, ihr depperten Wiener"? "Leckt´s uns olle am Oasch"? Mich würde nichts mehr überraschen.

Donnerstag, August 24, 2006

Natascha Kampusch

Ok, es ist nicht originell, auch hier über den Fall Natascha Kampusch zu schreiben, wo doch alle Medien in diesen Tagen voll damit sind, aber da führt kein Weg daran vorbei.

Acht Jahre. Acht fucking Jahre! Eingesperrt in einem Reparaturgraben einer Garage, den der Täter zu einem schalldichten Verließ umgebaut hatte. Wer kann ermessen, was es für ein zehnjähriges Kind bedeutet, in ein Auto gezerrt zu werden, weg gebracht zu werden von Eltern und Freunden, und dann in dieser unterirdischen Hölle auf Erden einem gestörten Fremden ausgeliefert zu sein? Ob der Entführer die Kleine auch sexuell missbraucht hat, ist zur Zeit noch ungewiss. Die Polizei spricht nur vage von "körperlichen Misshandlungen". Beim ersten Wiedersehen mit ihrem Vater hat Natascha diesen erkannt und geweint. Sie ist also nicht verrückt geworden, nicht völlig zerbrochen. Tapferes Mädchen!

Der 44-jährige Helmut P., der dieses wohl aufsehenerregendste Verbrechen der österreichischen Nachkriegsgeschichte zu verantworten hatte, hat sich umgebracht. Das ist keine gute Nachricht, erschwert es doch die Aufklärung, und es bleibt vorerst die Frage, ob der Mann wirklich alleine gehandelt hat. Immerhin war das "Gefängnis" mit großem Aufwand umgebaut worden. Es gab in dem Loch ein Klo, ein Bett, ein Bücherregal und eine Dusche. Die Polizei hat viel Arbeit vor sich.

Wie das Amen nach dem Gebet melden sich jetzt in diversen Internetforen jene unangenehmen Zeitgenossen zu Wort, die den Fall zum Anlass nehmen, um ihrer sadistischen Fantasie durch Vorschläge und Anregungen, wie denn der Täter, hätte man ihn lebend zu fassen gekriegt, zu behandeln wäre, freien Lauf lassen. Der virtuelle Lynchmob steht verlässlich bereit und schreit nach Folter und Todesstrafe, nicht wissend, dass er denselben Impulsen folgt, wie der Entführer. Ohne jetzt lang und breit darauf einzugehen: Folter und Todesstrafe gehen gar nicht. Punkt. Es kann in Ausnahmesituationen Sinn machen, jemanden umzubringen. Aber gesetzlich sanktioniertes Töten ist nicht weniger barbarisch, als die Untaten des Herrn P. und seiner "Kollegen".

Mittwoch, August 23, 2006

Österreich hat keine Wahl

Am 1. Oktober sollen wir Österreicher unserer demokratischen Bürgerpflicht nachkommen und ein neues Parlament wählen. Aber wen soll man unterstützen? Wen KANN man wählen?

-Die ÖVP?
Soll ich mein Kreuz bei der Österreichischen Volkspartei, die derzeit den Kanzler stellt, machen? Bei der Partei, deren Vorsitzender bewiesen hat, dass man Brillen auch auf dem Arsch tragen kann? Deren Chef kürzlich Kritik an der Tatsache, dass seine Frau Schwiegermutter von einer illegal beschäftigten und mit "Kost und Logis" entlohnten slowakischen Haussklavin gepflegt wurde, mit den schönen christlich-sozialen Worten "wer sich mit mir matchen will, soll nicht meine angeheiratete Famile angreifen" zurückgewiesen hat? Soll ich also diese Partei, die außer Heuchelei und ekelhafter Volkstümelei noch beinharten Sozialabbau, Homophobie und klerikalfaschiste Traditionen zu bieten hat, wählen? Mal kurz überlegen: NEIN!!!!

-Die SPÖ?
Oh wie lieb, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, Alfred Gusenbauer, diese selten attraktive Mischung aus Weinkenner und Karriereministrant, verspricht von Plakaten herunter "Ausbildungsplätze für jeden Jugendlichen" und eine "Steuersenkung um 50 Euro". Da juckt es mich fast schon im Ankreuzfinger. Aber nur fast, denn die Oppositionspolitik dieser Partei war in den vergangenen sechs Jahren in etwa so effizient wie jene der Blockflöten in der ehemaligen DDR. Und da wäre noch diese Kleinigkeit mit der BAWAG, jener Bank, die vom SPÖ-dominierten Österreichischen Gewerkschaftsbund samt Streikfonds ins Klo gespült wurde, während "verdiente", also den Anus des Apparats hochgekrochene SPÖ- und ÖGB-Funktionäre in der Wiener Innenstadt Penthäuser zum Schleuderpreis abgriffen. Man addiere dazu noch die immer wieder mal vorkommenden antisemitischen und ausländerfeindlichen Wortspenden diverser "roter" Lokalpolitiker und schon möchte man lieber Dauerkotzen, als diese Partei zu wählen.

-Die Grünen?
Bin ich ein doppelverdienendes Lehrerehepaar aus dem 7. Wiener Gemeindebezirk ohne Bezug zur Realität? Bin ich nicht, weshalb also sollte ich diese Bobo-Truppe unterstützen?

-Die FPÖ?
Das ist jetzt ein wenig verwirrend. Unter "FPÖ" sind die original fidelen Freiheitlichen, also die Freiheitliche Partei Österreichs unter Führung von Heinz Christian (H.C.) Strache, zu verstehen. Strache spricht und gestikuliert so manisch wie ein Kokainist kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Auf seiner Homepage wie auch bei jedem seiner öffentlichen Auftritte spult er das übliche rechte bis rechtsextreme Programm runter, will also keine Ausländer mehr ins Land lassen, "Sozialschmarotzer" an die Arbeitsfront schicken, Kinderschänder kastrieren und den Dritten Weltkrieg auslösen. Wenn ihn jemand beleidigt, fordert er ihn zum Fechtduell, ganz Edelmann, der er als gelernter Zahntechniker nun einmal ist. Kurz: Eine realsatirische Partei für die ganz Dummen (und für Nazis). Meine Stimme kriegen die erst, wenn der Papst öffentlich eingesteht, dass er schwul ist.

-Das BZÖ?
Verwirrung Teil 2. Das "Bündnis Zukunft Österreich" hat sich auf Befehl seines Führers, des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider, von der FPÖ abgespalten, als klar wurde, dass die Parteifinanzen aus dem Ruder liefen und nicht alle FPÖler ihrem Jörg bis in den Tod zu folgen bereit waren. Diese Truppe tritt jetzt unter der jeglichem Copyright Hohn sprechenden Bezeichnung "Die Freiheitlichen - Liste Westenhaler - BZÖ" an und hofft, mit diesem Trick die gar nicht so kleine Gruppe der rechtsextremen Analphabeten zum Ankreuzen des falschen Kästchens bewegen zu können. Haider lässt Peter Wesenthaler, der einst, als er dem Führer verfiel, seinen böhmischen Namen Hojac eindeutschen ließ, antreten, denn das Risiko, dass diese Fun-Partei den Sprung ins Parlament nicht schafft, ist groß. Niederlagen kann Haider aber nicht ab, da wird er ganz wuschig und muss Tabletten schlucken, also schickt er den Intelligenzgiganten aus Wien Simmering ins Rennen. Die bisherigen Wahlkampftöne ähneln jenen der original fidelen FPÖ zum Verwechseln. Hojac, pardon, Westenthaler will "300.000 Ausländer abschieben" und fordert - Überraschung - "keine Gnade für Kinderschänder". Ausländer und Kinderficker, was anderes scheinen diese Herren nicht im Kopf zu haben. Das Arschgeigenduell Strache versus Westenthaler ist eröffnet, meine Stimme kriegt keiner von diesen seltsamen Schreihälsen.

-Die KPÖ?
Die gibt es auch noch. Spitzenkandidat der Kommunistischen Partei Österreichs ist der Kärntner Berufsslowene Mirko Messner. Irgendein Programm haben die wohl, doch das wird von zwei Dissidenten aus Wiener Neustadt, die ihrerseits im Clinch mit drei steirischen Eurokommunisten liegen, welche wiederum den 50 Wiener Genossen antideutsche Abweichungen attestieren, abgelehnt. So wählbar wie eine zugeschissene rote Fahne.

-Liste Hans Peter Martin?
Der ehemalige Journalist, der seine Kollegen im Europaparlament abhören ließ und dafür von der "Kronen Zeitung" als Held abgefeiert wurde, wird vom Herausgeber eben dieses Revolverblattes, Hans Dichand, ins Rennen geschickt und heftig medial protegiert. Der Mann kann gut schreiben und hat einst die Debatte um die Globalisierung quasi im Alleingang mit seinem Buch "Die Globalisierungsfalle" gestartet. Ansonsten gibt es über ihn zu berichten, dass ihn keiner, der ihn je persönlich getroffen oder gar mit ihm beruflich zu tun hatte, leiden kann. Seine politischen Ansichten schwanken irgendwo zwischen Oskar Lafontaine und Winnetou, aber er ist immer gut frisiert und trägt annehmbare Anzüge. Soll man ihn wählen? Ich rate ab.

Sie sehen also, Österreich soll zwar wählen, hat aber keine Wahl.

Montag, August 21, 2006

Alarm: Reaktionäre Kampfschlampen!

Die deutsche "Tagesschau"-Sprecherin Eva Herman ist eine heiße Kandidatin für den Preis "Idiotin der Woche". Warum? In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" hat die Karrierefrau...eine heftige Attacke gegen Karrierefrauen abgefeuert: "Hausfrauen und Mütter dienen unserer Gesellschaft weitaus mehr als Karrierefrauen, die nur auf sich ausgerichtet sind", bricht die bestsituierte Dame ihren Stab über dem Haupt jener frechen Weibchen, die ihr Brot selber verdienen (müssen/wollen).

Solch elaborierte Gedankengänge, wie man sie ansonsten von Burschenschaftern und Päpsten zu hören bekommt, hat die blonde Schnalle in einem Büchlein zusammengefasst: "Das Eva-Prinzip - Für eine neue Weiblichkeit". Darin ruft sie zu einer "Rückkehr zur traditionellen Wahrnehmung der Geschlechter, um die Familie und damit die ganze Gesellschaft vor dem Aussterben zu bewahren" auf. Potz Blitzkrieg und bei meiner Oma Mutterkreuz: Das hat mir die Augen geöffnet! Wenn die "Familie ausstirbt", stirbt auch die Gesellschaft aus, denn gevögelt und geschwängert wird ja nur in traditionellen Familien mit Trauschein. Sobald eine Frau berufstätig wird, sterben ihre Eierstöcke ab und Teutschland stirbt aus und muss den pösen Ausländern überlassen werden...

Ich denke ja nicht, dass die Hermanin das hier jemals lesen wird, aber falls doch, dann würde ich sie gerne mit einem kleinen Stückchen Realität konfrontieren. In jenen Ländern, in denen sehr viele Frauen berufstätig sind oder, wie es Hermann ausdrücken würde, "Karriere" machen, gibt es auch die meisten Kinder. Das liegt weder an "traditionellen Wahrnehmungen der Geschlechter", noch an einer besonders hohen Dichte des konservativen Typs von Familie. Es liegt an einer Politik, die Beruf und Kinderwunsch miteinander vereinbar macht. Es liegt an kostengünstigen Kinderbetreuungseinrichtungen. Es liegt an familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen. Es liegt daran, dass eine vernünftige Politik gemacht wird, die dem Menschen und der Wirtschaft gleichermaßen dient. Es liegt daran, dass dort Leute wie Frau Herman nichts zu melden haben.

Freitag, August 18, 2006

Buchtipp

Für die Leseratten: Äußerst empfehlenswert ist die Autobiographie von Arik Brauer, "Die Farben meines Lebens", erschienen im Verlag Amalthea. Der österreichische Künstler ist nicht nur einer der bedeutendsten Vertreter des Fantastischen Realismus und ein Vorreiter des "Austropop", nein, mit seinen Erinnerungen erweist er sich auch als sehr begabter Autor, der den Leser mitnimmt auf eine bewegende Reise vom Wien der Zwischenkriegs und -nazizeit bis ins Heute. Eines der besten Bücher, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe.

Montag, August 14, 2006

Islamisten - eine verlogene Drecksbande

Ein "Ehrenmord" in einer islamischen Familie erschüttert Italien: Vermutlich, um die Familienehre zu retten, wurde eine 20-jährige Pakistanerin in der Nähe von Brescia von ihrem eigenen Vater sowie weiteren Verwandten getötet. Sie hatte sich geweigert, ihren in Pakistan lebenden Cousin zu heiraten. Daraufhin schnitt ihr eigener Vater ihr die Kehle durch, nachdem sie vom Familienclan "zum Tode verurteilt" worden war.

Diese Meldung lief heute über die Nachrichtenticker. Gibt es dazu Reaktionen seitens der islamischen Community? Fehlanzeige. Dafür haben britische Moslemorganisationen einen Offenen Brief veröffentlicht, in dem sie der westlichen Politik eine Mitschuld am islamistischen Terror geben.

Geht es noch verlogener? Die Sprecher der Anhänger Mohammeds melden sich IMMER nur dann zu Wort, wenn sie sich wegen Karikaturen beleidigt fühlen oder wenn sie Massenmord entschuldigen wollen. Auf eine klare Verurteilung von Terror und Mädchenmord wartet man vergeblich. Mit klareren Worten: Das ist eine verlogene Drecksbande.

Donnerstag, August 10, 2006

The great Broadband-Swindle

Heute hat ein stolzer Kärntner Landeshauptmann eine Zwischenbilanz über die sogenannte "Breitbandinitiative" des Landes gezogen. 60 Prozent Kärntens sei bereits an das Hochgeschwindigkeitsinternet angeschlossen und so weiter und bla bla. Ich sprach später ein paar Worte mit einem hohen Tier jener Firma, die diese "Initiative" durchführt und daran verdient (Telekom Austria), und natürlich schwärmte dieser Mensch von den "großartigen Möglichkeiten", die sich durch Breitband ergäben. Zusammengefasst sagte der Mann ungefähr das: Das Breitbandinternet werde dazu beitragen, dass die Menschen nicht mehr in die Ballungszentren abwandern müssten, sondern gemütlich von Zuhause in Hintertupfing aus ihrer Arbeit bzw. ihren Geschäften nachgehen könnten.

Eine nette Theorie, die nur ein paar Haken hat: Wieviele Jobs gibt es, die man über das Internet erledigen kann, wirklich? Dass Brotbacken und Eisengießen wegfallen, ist klar, aber auch jene Tätigkeiten, die tatsächlich vom Heimarbeitsplatz aus erledigt werden könnten, sind rar. Vor allem nützen die schönsten Möglichkeiten nichts, wenn die Nachfrager, also Arbeitgeber bzw. Kunden, sie nicht nutzen wollen. Sogar ich als Freiberufler werde schief angeschaut, wenn ich statt im Büro von Zuhause aus meine Texte verfasse. Die Arbeits-Unkultur, wonach man gefälligst physisch anwesend zu sein habe, hält der Entwicklung der technischen Möglichkeiten wacker gegen. Bosse brauchen jemanden, den sie körperlich sehen und von Angesicht zu Angesicht zusammenscheißen können, sonst werden sie krank und belasten das Gesundheitssystem.

Der Rat des Telekom-Menschen, mit dem ich gesprochen habe: Man solle halt alles mögliche ausprobieren und ins Netz stellen und dann abwarten, ob es nicht ein Bombengeschäft werde. Immerhin habe ja auch "google" so angefangen. Welch großartiger Tipp! Ich werde mal ein paar Urlaubsfotos hochladen und abwarten. Vielleicht wird das das nächste "google"?

Sonntag, August 06, 2006

Nazis on the loose - und "Linke" sind dabei

Aus dem "standard": Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat am Sonntag dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, vorgeworfen, zu "jenen zionistischen Provokateuren im Westen" zu gehören, "die die Ermordung von dutzenden Kindern und hunderten Zivilisten, die Sprengung von Brücken zur Kappung von Fluchtwegen und Hilfslieferungen sowie das Töten von UNO-Soldaten verteidigen und so einen sinnlosen Krieg Israels rechtfertigen". Auch wenn Muzicant Kritiker "mit der Keule des Antisemitismus mundtot machen" wolle, stoße die Vorgehensweise Israels und der USA auf "völliges Unverständnis in breiten Teilen der Bevölkerung, und das zu Recht", sagte Haider.

Das war zu erwarten. Im derzeit sich warmlaufenden österreichischen Wahlkampf, in dem Haiders FPÖ-Abspaltung "BZÖ" verzweifelt um ein Grundmandat kämpft, überrascht es nicht, dass dieser "Mann der tausend Meinungen" es sich nicht entgehen lässt, auf der antisemitischen Welle zu reiten. Er hat ja leider Recht mit seiner Ansage, dass in Österreich "völliges Unverständnis in breiten Teilen der Bevölkerung" über den derzeitigen Verteidigungskrieg Israels herrscht. Kaum jemand nimmt wahr, dass Israel nicht nur um sein eigenes Überleben kämpft, sondern auch in vorderster Front stellvertretend gegen die Barbarei der religiösen Faschisten. Für einen "echten, tödlichen Nazi" (Bruno Kreisky über Haider) ist natürlich jeder, der gegen Juden mörderische Absichten hegt, ein Freund. Das hat Haider ja schon mit seinen bizarren Besuchen bei Saddam Hussein bewiesen, dem er, ohne Mandat, die "herzlichen Grüße des österreichischen Volkes" überbrachte. Noch einmal: Dass der durch Arisierung reich gewordene Rechtspopulist antisemitische Töne anschlägt, überrascht nicht. Das ist der Job dieses Unsympathen.

Traurig stimmen hingegen die vielen sich als "Antizionismus" tarnenden antisemitischen Stimmen aus dem linken Lager. Von Spinnern wie der "Antiimperialistischen Koordination" bis hin zum Mainstream in der Sozialdemokratischen Partei Österreichs wird eine verdächtige Sympathie für die arabische Welt und eine offene Verachtung für den demokratischen Staat Israel gehegt. Eine abstoßende Dreiecks-Querfront zwischen Nazis, Islamisten und Linksradikalen tut sich immer deutlicher auf und drängt Menschen, die noch denken und fühlen können, dazu, die gar nicht sonderlich sympathischen USA als letzte Hoffnung für das Überleben von Rechtstaat und Demokratie zu sehen. Die "Linke", die es derzeit zu bestaunen gibt, ist nichts als realitätsfremd, zum Teil sogar Diktatur- und mordlüstern und bejubelt folgerichtig einen autoritären Schwachkopf wie Hugo Chavez, der das Vorgehen Israels mit jenem der Nazis vergleicht.


Deprimierendes Fazit: Der Antisemitismus, in allen österreichischen Gesellschaftsschichten weit verbreitet, tobt sich wieder aus, und die "Linke" ist in vorderster Reihe dabei. Anstatt, wie es ein funktionierender Verstand oder auch nur linker Selbsterhaltungstrieb gebieten würde, Solidarität mit Israel zu üben, organisieren diese Leute Kampagnen mit so debil-nostalgischen Slogans wie "Hände weg vom Iran" (offensichtlich inspiriert von den 20er-Jahren, als es in England hieß: "Hands off the Soviet Union"). Die Verbrüderung der linken wie auch der rechtsradikalen Szene mit den Islamisten schreitet voran, und so mancher "Antiimperialist" lässt sogar die Taliban, diese Kommunistenmörder, hochleben. Hauptsache gegen die USA, gegen Israel, gegen die Zumutungen der Aufklärung. Und Hauptsache für Stallwärme und inzestuöse dörfliche Enge und intellektuelle Autokastration - das ist das Bild dieser "Linken". Erbärmlich und zum kotzen.

Depression

Da ist sie wieder. Lange hat sie sich nicht gemeldet, aber jetzt schaut sie mal wieder vorbei auf einen Tee und ein paar Selbstmordgedanken: Die Depression.

Dienstag, August 01, 2006

Gott hat Humor - wenn auch schwarzen

Allen Carr, der oberste US-amerikanische Kämpfer gegen das Rauchen, ist an Lungenkrebs erkrankt. Carr, der mit seinem Buch "Endlich Nichtraucher" und seinen Seminaren zum Multimillionär wurde, schiebt die Schuld dafür nicht etwa darauf, dass er bis zu seinem 50. Lebensjahr täglich 100 Zigaretten geraucht hat, sondern auf das Passivrauchen, den Gottseibeiuns aller Gesundheitsparanoiker und Mortophobiker. Er habe als Seminarleiter soviele Jahre in verrauchten Räumen verbracht, dass dies unweigerlich zum Krebs führen habe müssen, so seine Argumentation.

Nun ist es verständlich, dass Nichtraucher nicht von Nikotinqualm belästigt werden wollen. Auch steht außer Streit, dass Rauchen extrem ungesund ist. Dennoch empfinde ich eine gewisse Schadenfreude, dass ausgerechnet jener Mann, der maßgeblich für die überzogenen und von Lustfeindlichkeit geprägten Antirauch(er)kampagnen verantworlich zeichnet, genau den Tod erleiden wird, vor dem er angeblich alle anderen bewahren wollte. Aber auch ohne Lungenkrebs hätte Carr eines Tages wohl feststellen müssen, dass auch Nichtrauchen nicht zum Ewigen Leben führt.

Der moralische Terror gegen Genuss und "Unvernunft" wird deswegen freilich nicht aufhören, sondern sich noch intensivieren. Die Regelungswütigen, die stets in der Missionarsstellung verharren, werden uns das Trinken, Rauchen und Fleischessen austreiben wollen auf dass wir gesund sterben können. In Wahrheit geht es natürlich darum, dass wir faulen Arbeitstiere gefälligst weniger Kapital, das sich ja auch trefflich in Yachten und Diamantschmuck investieren bzw. generell in die Taschen der Eliten umleiten ließe, mutwillig für unsere lästigen Krankenhausaufenthalte und Arztrechnungen abzweigen.