Dienstag, Oktober 31, 2006

Zeit zu gehen, Herr Schüssel

Wolfgang Schüssel, Noch-Chef der Österreichischen Volkspartei, hat seine großen Zeiten gehabt. Seit 20 Jahren sitzt der Mann in der österreichischen Bundesregierung, zuerst als Juniorpartner in einer großen Koalition, um dann 1999 den Coup zu landen, nach dem schlechtesten Wahlergebnis der ÖVP seit 1945 dennoch zum Kanzler aufzusteigen, indem er die Verhandlungen mit der SPÖ nur zum Schein führte und sich im Hintergrund die Unterstützung von Jörg Haiders damals 27 Prozent starker FPÖ sicherte. Zwar haben viele gestandene Bürgerliche die Nase gerümpft ob dieses "Spielens mit den Schmuddelkindern", und auch die konservativen Parteifreunde Schüssels in der EU waren alles andere als begeistert über diesen Präzedenzfall politischer Skrupellosigkeit, doch die Volkspartei stellte den Kanzler, zog die FPÖ in allen Fragen über den Tisch, stellte Haider und dessen Mitläufer mit Posten ruhig und ging daran, das Land massiv umzufärben. Schüssel startete die Aktion "Entsozialdemokratisierung Österreichs" und ersetzte wo er nur konnte rote Personen und Einflusszentren durch schwarze oder blaue. Das und vor allem der Triumph bei den Wahlen 2002, als die ÖVP die sich gerade in Auflösung befindliche FPÖ zur Hälfte übernahm, überzeugte auch die noch zögernden Parteigänger oder brachte sie zumindest zum Schweigen.

Doch das ist Vergangenheit, je nach Parteipräferenz bzw. politischem Anstandslevel eine "große" oder eine schäbige. Bei den Nationalratswahlen am 1. Oktober 2006 verlor Schüssel 8,1 Prozent der Stimmen und fand außer der SPÖ keinen realen Ansprechpartner mehr. Haiders BZÖ, das er nach seinem Abgang aus der FPÖ gegründet hatte und das Schüssel die Mehrheiten besorgte, schaffte es mit 4,1 Prozent gerade noch ins Parlament, und die FPÖ unter Heinz Christian Strache hatte nun nicht nur mit den aus ihrer Sicht "Verrätern" des BZÖ noch ein paar Rechnungen offen, sondern hatte auch aus der Vergangenheit gelernt, dass die Rolle des Mehrheitsbeschaffers für Schüssel der Garant für Wahlniederlagen ist. Plötzlich, von einem Tag auf den anderen und entgegen den Meinungsumfragen sah sich Schüssel mit der schockierenden Tatsache konfrontiert, dass er wohl nicht mehr lange Bundeskanzler sein würde. Das schmerzt.

Das schmerzt offenbar so sehr, dass Schüssel sich mit seinen Getreuen ins Trotzeckerl stellt und grummelt: "Ich mag nicht mehr spielen". Die SPÖ hat sich nämlich der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht, indem sie gemeinsam mit den Grünen und der FPÖ zwei Untersuchungsausschüsse im Parlament beschloss. Einen zu den Vorgängen rund um den Ankauf des fliegenden Beta-Tests "Eurofighter", einen weiteren zur Aufklärung der Skandale rund um die Bank BAWAG. Anstatt dies als normale parlamentarische Vorgangsweise zu akzeptieren, schrie die ÖVP von Anfang an Zeter und Mordio und hat nun die Koalitionsgespräche mit der SPÖ "ausgesetzt", wie es von schwarzer Seite formuliert wird. Die Optik ist katastrophal und könnte die ÖVP bei eventuellen Neuwahlen weit unter die 30-Prozent-Marke abstürzen lassen. Die bisherigen Machthaber beteuern zwar, sie hätten nichts zu verbergen, wehren sich aber mit allen Mitteln gegen einen U-Ausschuss. Das ist nicht kommunizierbar und viele schwarze Parteigänger, die ich kenne, verstehen das einfach nicht mehr. Das mutwillige Boykottieren der Regierungsbildung kommt auch bei den Wählern nicht gerade prächtig an. Nicht nur innerhalb der ÖVP, sondern auch in weiten Kreisen der Bevölkerung wächst der Zorn über die Herrschaften Schüssel, Molterer, Rauch-Kallat, Grasser & Co. Die uneinsichtige Brutalität, mit der diese Truppe ein ihr nicht genehmes Wahlergebnis nicht zur Kenntnis nimmt, sich an die Macht klammert (jeden Tag, an dem keine neue Koalition zustande kommt, bleibt die alte länger am Ruder) und letztendlich Neuwahlen provoziert, wird ein Ergebnis haben, das von Wolfgang Schüssel und den seinen nicht das ersehnte sein wird: Schüssel und seine Clique werden abtreten müssen oder werden von ihrer eigenen Partei abgetreten werden. Schüssel sollte von sich aus zurücktreten, solange er noch so halbwegs sein Gesicht wahren kann.

Montag, Oktober 30, 2006

Milieu, in Alkohol getränkt

Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Anzeige gegen den Chef von Jörg Haiders Freakpartei BZÖ, Peter Westentheler, zurückgezogen. Westenthaler, gebürtig Hojac, war vorgeworfen worden, in der Nacht nach den Nationalratswahlen die mutmaßlich von seinem Leibwächter vorgenommene Körperverletzung des Pressesprechers von Justizministerin Karin Gastinger mit dem Ausspruch "haut´s die Oaschlöcha auße" angestachelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft begründet ihre Entscheidung wie folgt: "Im Zweifel kann nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, dass die Äußerungen des Ingenieur Peter Westenthaler darauf abzielten, dass der Leibwächter gegen einen anderen Gewalt anwenden oder jemanden sogar verletzen sollte. Ebenso wenig kann nachgewiesen werden, dass Ingenieur Peter Westenthaler mehr als unbedachte milieu- und alkoholbedingte Unmutsäußerungen getätigt hat."

Das ist nun eine herrlich gemeine Watschen für den Ingenieur mit der Stahlbetonfrisur. "Milieu- und alkoholbedingte Unmutsäußerungen"! Damit reibt die Staatsanwaltschaft dem BZÖ-Chef und künftigen BZÖ-Klubobmann unter die Nase, dass sie ihn für einen Simmeringer Prolo-Suffkopp hält, der in tiefen Hütten verkehrt und ein entsprechendes Benehmen an den Tag legt. So wie beim Militär und auf dem Bau greife man halt auch im Umfeld des Peter Westenthaler gerne mal zur Fäkalsprache, wird hier angedeutet. Eine schöne Beschreibung des langjährigen Koalitionspartners von Wolfgang Schüssel.

Donnerstag, Oktober 26, 2006

"Respekt oder ich hau dir Fresse"

Bei den Straches, Blochers, Bossis und all den anderen Rechtspopulisten in Europa muss dieser Tage Feierstimmung herrschen, wurde ihnen doch ein unerwartetes Geschenk gemacht: In Frankreich brennen kaum ein Jahr nach den großen Unruhen schon wieder die Autos. Die Krawalle in den französischen Vorstädten wirken wie Superbenzin auf den zuletzt doch ein wenig ins Stottern gekommen Motor der nationalistischen Hetzer. "Das ist es, wozu der Multikulturalismus führt", werden sie jedem, der sie danach fragt, sagen, und sie werden abwertend von "Multi-Kulti-Wahn" und "Kulturkampf" sprechen. Am anderen Ende des politischen Spektrums herrscht ebenfalls gar nicht so klammheimliche Freude über die Randale. So mancher in die Jahre gekommene Linke fühlt sich an 1968 erinnert, und einige junge Globalisierungsgegner sehen in den nächtlichen Gewaltexzessen wenn schon nicht die Vorboten der Revolution, so doch einen gerechtfertigten sozialen Kampf. Diejenigen, die in den betroffenen Stadtvierteln leben müssen, sehen dagegen nur ihre nicht versicherten Autos brennen und fürchten, eingeklemmt zwischen den gewaltbereiten Fraktionen der Jugendlichen und der Polizei, um Leib und Leben. Es ist ein wenig wie im Irak: Gegen die übermächtige Lautstärke der US-Armee auf der einen und der terroristischen Bomber auf der anderen Seite verstummen die Opfer, die Zivilisten verschwinden aus dem Blickfeld der Nachrichtenkonsumenten.

Bei der Einschätzung der französischen Zustände liegen Rechte und Linke gleichermaßen falsch. Die vorwiegend jungen und männlichen Krawallmacher sind keineswegs antieuropäische Kulturkämpfer. Sie haben, im Gegenteil, den Ungehorsam gegen die Obrigkeit verinnerlicht, eine Eigenschaft, die kulturell so französisch ist wie Eifelturm und Lehrerstreik. Also doch eine nur leicht ungebändigte soziale Protestbewegung? Nein, denn die nachtaktiven Molotowcocktailmixer formulieren keine Forderungen außer einer: "Ihr könnt uns alle mal". Zu mehr sind sie aufgrund des Bildungsnotstandes auch nicht in der Lage. Sie schreien, haben aber nichts zu sagen.

Und hier nun endlich näheren wir uns dem wahren Kern des Problems. In den französischen Banlieus wird kein Kulturkampf geführt, kein Religionskrieg und es ist auch kein ideologisch inspirierter Aufstand. Hier macht, unabhängig von der ethnischen Herkunft, eine Generation auf sich aufmerksam, die nie etwas anderes gelernt hat, als sich im jeweiligen Freundeskreis, den man durchaus als Bande bezeichnen darf, "Respekt" zu verschaffen, sei es durch gewagte Gewaltaktionen und/oder materiellen Gewinn durch kleinkriminelle Aktivitäten, welcher wiederum der Bande zugute kommt. Fast vorbildlich im neoliberalen Sinn haben sich diese jungen Leute vom Staat, von dem sie sich ganz zu recht vernachlässigt und abgeschrieben fühlen, verabschiedet und sich eine Form von Selbständigkeit außerhalb der rechtsstaatlichen Regeln aufgebaut. Diese "neue Jugend" findet man in ganz Europa, und sie wächst dank einer gleichgültigen Politik immer stärker an. So wie auf internationaler Ebene das Recht zugunsten von Clanstrukturen zunehmend zurückgedrängt wird und die Politik wieder zum reinen Handlanger von Interessensgruppen verkommt, geschieht Analoges auch in den Vorstädten. Die Werte dieser Jugend sind Machismo, Loyalität zur Bande und Hass auf jeden, der die hauptsächlich aus Drogenhandel und Diebstahl bestehende Untergrundwirtschaft stört. Kulturell begleitet wird dies von Erscheinungen wie dem "Aggro-Hip Hop", dessen lyrische Essenz da lautet: "Respekt, Mann, oder ich hau dir Fresse". In Europa ist eine Generation herangewachsen, von der sich ein nicht unbeträchtlicher Teil nicht mehr an die Spielregeln des zivilisierten Zusammenlebens gebunden fühlt und weder auf irgendwelche Innenminister, noch auf Gewerkschafter, Muftis oder Bischöfe hört. Und das wird uns in den kommenden jahren mindestens so viel Kopfzerbrechen bereiten wie Islamismus, Nationalismus und die zunehmende Krisenhaftigkeit des Wirtschaftssystems

Die Historische Überraschung für Deutschland: Krieg ist gar nicht schön

In Deutschland ist wieder Entrüstungssaison. Von der Bundeskanzlerin abwärts bis zum Redakteuer des Lokalblattes vom letzten Kuhkaff wird sich empört, was das Aufregungsvokabular hergibt, ist man entsetzt, überrascht, wird verurteilt, scharf verurteilt, und man ruft nach Bestrafung. Was ist geschehen? Ein paar Bundeswehr-Rotznasen, die in Afghanistan versuchen, den Kugeln und Autobomben der Taliban auszuweichen, haben sich mit Totenschädeln fotografieren lassen. Ja Himmelsakra, und das mitten im Krieg! Haben diese Nachwuchskräfte der deutschen Tötungsmaschinerie denn gar keinen Respekt vor den Überresten jener Menschen, die sie zuvor noch ganz vorschriftsmäßig und sauber, ja militärchirurgisch dem Verwesungsprozess zugeführt hatten? Schnauf, bibber, empör, aufpluster - wie kann man nur?

Das pseudomoralische Gegackere schwillt an wie es nur bei Menschen in einem kulturellen Umfeld möglich ist, die den absoluten Schrecken, den deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg verbreitet haben, gut verdrängt haben und die nicht wahr haben wollen, dass Krieg nun einmal das Schlimmste ist, was Menschen diesseits des von den Nazis veranstalteten industriellen Millionenmordes anstellen können. Überrascht wie Kinder, die feststellen, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, zeigen die Entrüsteten auf Bilder von Tod und Zerstörung und murmeln: "Was? Folter? Missachtung der Menschenrechte? Verrohung der Sitten? Kein Respekt vor der Totenruhe? Dass sowas im Krieg vorkommt, damit war nun wirklich nicht zu rechnen." Über soviel Naivität oder doch nur Heuchelei kann man nur mehr staunen.

Dienstag, Oktober 24, 2006

Diamonds are forever


Die schweizer Firma Algordanza Erinnerungsdiamanten GmbH bietet folgenden Servive an: Sie fertigt aus der Asche von kremierten Verstorbenen Diamanten. Die Preise für die gepressten sterblichen Überreste bewegen sich je nach Größe zwischen 4.680 und 13.440 Euro. Wie schick! So ein Klunker macht doch gleich viel mehr her als ein schnödes Grab oder eine Urne. Ich kann mir schon entsprechende Dialoge vorstellen. "Schöne Stücke hast du da". "Ja, der hier war mein Opa, der meine Mutter und dieser da mein armer verstorbener Gatte".

Es gibt einen weiteren dominanten Bestattungstrend, nämlich jenen zum anonymen Verscharren. Das, was früher mal den Opfern von Massenmorden, von Mafiaaktivitäten und Seuchen vorbehalten war, nämlich "Loch auf, Leiche rein, Loch zu, Planierraupe drüber und fertig", das ist laut Bestattungsunternehmern auch für ganz gewöhnliche Beerdigungen stark im Kommen. Immer größere Abschnitte von Friedhöfen werden zu solchen Wiesen mit namenlosen Gräbern umgewidmet. Es scheint, als ob die Menschen wüssten, dass sie in den Zeiten der kühlen Rechner, die den Wert von Menschenleben nur in deren Verwertbarkeit für die Wirtschaft oder den Kosten, die sie der Allgemeinheit verursachen, zu ermessen mögen, nach ihrem Ableben auch schleunigst aus der Erinnerung zu verschwinden hätten. Immerhin tragen Tote so gut wie gar nichts zur Performance des Dow Jones bei, fressen keine Leberkässemmeln und gehen nicht mehr arbeiten, also: Aus dem Leben, aus dem Sinn. Das passt ja auch gut zur allgemeinen Vereinsamung und Vereinzelung, die aus der erzwungenen Mobilität der "Leistungsträger" und der ebenso erzwungenen Bunkermentalität der Arbeits- und damit Geldlosen herrührt. Wozu Gräber mit Grabsteinen, wenn es eh niemanden geben wird, der sich an einen erinnert?

Montag, Oktober 23, 2006

Böses, böses Internet

Ich hätte zu gerne die Gesichter in den Chefetagen der Filmstudios, Plattenfirmen und Verleihbetrieben gesehen, als ihnen die jüngste Erhebung des Instituts "ipoque" auf den Tisch geflattert kam, welche nüchtern feststellte, dass bereits bis zu 70 Prozent des gesamten Datenverkehrs im deutschen Internet aus Filesharing besteht. "All das schöne Geld", werden sie gejammert haben, "das wir in Abschreckungsfilmchen gesteckt haben - vergeudet". Dann traten ihnen Tränen in die Augen und sie entleibten sich mit einem RootKit. Hm, DAS wäre schön.

Der Lindwurm zählt zu jener Minderheit, die sich keine Filme oder geschützte Musikstücke aus dem Netz saugt. Warum nicht? Weil das altmodische Gewürm auf Bild- und Tonqualität wert legt und nicht sonderlich scharf darauf ist, den neuesten Verblödungsmist aus Hollywood in mieser Auflösung mit miesem Sound auf einem kleinen Computerbildschirm zu sehen. Wenn es um Musik geht, erwirbt der Lindwurm, wenn er mal Kohle hat, CDs, da er gerne ein Cover in der Hand hat, womöglich noch eines mit gut gestaltetem Booklet. Auch klingen die gesaugten MP3-Files doch ein wenig schlechter als gut abgemischt CDs oder gar Schallplatten.

Dennoch vergönne ich der Industrie den Misserfolg ihrer lästigen Anti-Filesharing-Werbung. Es geht mir schlicht auf die Nerven, mir bei jeder DVD und bei jedem Kinobesuch enddoofe Spots über die bösen Raubkopierermassenmörderkinderschänder ansehen zu müssen. Die lieben Musik- und Filmproduzenten haben wohl gedacht, das Publikum ungestraft immer weiter mit Scheiße füttern zu können und dafür auch noch doppelt und dreifach zu kassieren. Was mir ja am besten gefällt: Ausgerechnet die Zielgruppe, die darauf dressiert wird, für künstlich erzeugte Bedürfnisse viel Kohle auszugeben, also die 13- bis 25Jährigen, sind die intensivsten Nutzer von Filesharing-Netzwerken. Man ist ja bescheiden geworden, und so freut einen schon dieser kleine Stich ins Herz des Monsters, dieses herzhafte "Ja" zur "Kriminalität" von Millionen Internetnutzern rund um den Globus.

Freitag, Oktober 20, 2006

Jetzt neu: Mit ohne Werbung

Sodala, habe radikal alle Google-Ads rausgeschmissen. Das hier ist ein anständiges Idealisten-Blog ohne auch nur den Hauch eines kommerziellen Hintergedankens. Hö hö

Gute US-Army

Böse Kommunisten!

Mittwoch, Oktober 18, 2006

Warum so wenig neuer Stoff?

Da Ihr Herr Lindwurm derzeit an schweren Stimmungsschwankungen samt lustigen Depressionen leidet, kann es zu vorübergehenden Posting-Pausen oder auch Posting-Overkills kommen. Das Reptil bittet um Ihr Verständnis.

Sonntag, Oktober 15, 2006

Neuwahlen?

Bundeskanzler Schüssel taktiert. Nun hat er erstmals offen ausgesprochen, dass er sich eine Koalition mit den beiden rechtsextremen Parteien FPÖ und BZÖ vorstellen könne. Der machtgeile Zwerg hat hoffentlich seine Drecksrechnung ohne FP-Chef H.C. Strache gemacht, welchen eine Regierungsbeteiligung wohl massiv Stimmen kosten würde. Derzeit sieht es in Österreich nach baldigen Neuwahlen aus. Sollte es Schüssel aber doch wieder mit irgendwelchen fiesen Tricks schaffen, an der Macht zu bleiben, könnte ich es verstehen, wenn auch nicht gutheißen, dass die Republik brennt.

Donnerstag, Oktober 12, 2006

Schüssel lässt´s darauf ankommen

Wie es derzeit aussieht, lässt es Noch-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auf eine schwarz-blau-orange Koalition oder auf Neuwahlen ankommen. Das verbohrte Festhalten an für die SPÖ untragbaren "Eckpfeilern" seiner Politik und diverse Personalentscheidungen deuten darauf hin. Wichtigster Hinweis: Schüssel ist, nachdem er bei der Wahl acht Prozentpunkte verloren hatte und hinter die SPÖ zurückgefallen ist, nicht zurückgetreten, wie es jeder andere Parteiführer in jedem anderen zivilisierten demokratischen Land an seiner Stelle gemacht hätte. Und nun kommt auch noch Ex-Haiderschützling und Weltmeister im Menschenverarschen, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und verkündet, doch wieder Lust auf den Posten zu haben. Die ÖVP lässt also nichts unversucht, um Verhandlungen mit der SPÖ scheitern zu lassen. Ob die Wähler das goutieren werden, wage ich zu bezweifeln.

Montag, Oktober 09, 2006

Wahlkarten bringen angenehme Überraschung

Nach Auszählung der Wahlkarten hat sich eine zwar geringfügige, aber doch symbolträchtige Verschiebung in Österreichs Parteienlandschaft ergeben. Die Grünen haben nun doch die FPÖ überholt und sind drittstärkste Kraft. Damit verlieren die Rechtsextremen den Posten des Dritten Nationalratspräsidenten und einen Volksanwalt. Die FPÖ-Abspaltung BZÖ bleibt leider im Parlament, obwohl positiv zu vermerken ist, dass Jörg Haider sein angestrebtes Grundmandat in Kärnten klar verfehlt hat und diese seltsame Haiderverehrer-Partei einen Sitz im Parlament abgeben musste. Von hier aus eine herzliche Gratulation an Grünen-Vorsitzenden Van der Bellen.

Songs eines Trostlosen


Wer stets heiter durch das Leben wandelt und nie auch nur den Anflug einer Depression verspürt möge jetzt bitte weiterblättern. Für solche Menschen hat Nick Drake seine Lieder nicht geschrieben. Seine Songs sind den Verlierern gewidmet, den lebensuntüchtigen Träumern, die mit der großen Beleidigung, die man Alltag nennt, nicht zurecht kommen. Drake war die leise Stimme des Zweifels und der Verzweiflung, die gegen den Lärm der gedankenlosen Frohnaturen nicht ankam. Er starb 1974 an einer Überdosis Anidepressiva.

Am 19. Juni 1948 wird Nicholas Rodney Drake in Burma geboren, wo sein Vater als Ingenieur arbeitet. 1951 geht’s zurück nach England, die Familie lässt sich im Shakespeare-Städchen Tanworth-in-Arden nieder. Früh lernt Nick Klavierspielen, interessiert sich zunächst aber mehr für Klassik als für Blues und Folk. In der Schule deutet nichts darauf hin, dass der junge Drake auf die Verliererstraße einbiegen würde: Er ist Captain des Rugby-Teams, ein hervorragender Leichtathlet und beliebt bei den Mädchen. Er beginnt, sich für die Beatles, Bob Dylan und Randy Newman zu interessieren und bittet seine Eltern, ihm eine Gitarre zu kaufen. Binnen weniger Monate fängt er an, Songs zu schreiben. Kurz danach tritt er in kleinen Clubs in Cambridge auf und beeindruckt dort Ashley Hutchings, der bei den Folkrockern von „Fairport Convention“ mitgeigt. Hutchings spielt den Bossen von Island Records ein paar Demos von Nick vor und die nehmen den gerade mal 20-Jährigen unter Vertrag.

Drei Alben nimmt Drake im Laufe von drei Jahren auf, und alle sind sie zu Lebzeiten des Künstlers erfolglos. Den Start macht 1969 “Five leaves left”, wo sich schon zeigt, dass da ein ganz außergewöhnlicher junger Mann am Werk ist. Der Titel der Platte bezieht sich auf die Warnung, die allen Selberdrehern und Jointfabrikanten bekannt sein dürfte, dass nämlich nur mehr fünf Blättchen Zigarettenpapier vorhanden sind. Schon auf seinem Debutwerk klingt Nick anders als die folkige Konkurrenz. Die offenen Tunigs für seine Gitarre sind so eigenwillig, dass manche seiner Lieder bis heute nicht richtig transponiert werden konnten, seine Stimme ruft Bilder hervor von vielen leergerauchten Zigarettenpackungen und von der Verlassenheit niedergebrannter Lagerfeuer, die im Finstern nachglimmen, nachdem die Party längst vorbei ist.

1970 schiebt Nick den Longplayer “Bryter Layter” nach, der aber auch nicht den erhofften Durchbruch bringt, obwohl promiente Kollegen wie das Gitarrengenie Richard Thompson aushelfen. Der ausbleibende Erfolg liegt zu einem großen Teil auch daran, dass Drake sich weigert, auf Promo-Tour zugehen. Die ersten Symtome einer schweren Depression haben eingesetzt und Nick fürchtet sich vor Liveauftritten. Neuere Studien deuten an, dass Menschen mit einer Prädisposition für psychische Erkrankungen von exzessivem Haschischkonsum die Finger lassen sollten, ganz zu schweigen von LSD. Drake hat über Jahre hinweg Joints geraucht wie andere Leute Zigaretten (wobei er die Krebstorpedos zusätzlich in Massen konsumierte), und gerne trippte er auf Dr. Hofmanns Elixier. Während viele andere Psychonauten sanft landeten, krachte Nick in die Schluchten seiner Seele, aus denen er nie mehr herausfand.

Zum musikalischen Misserfolg kommt ein privates Desaster: Nick, patholgisch menschenscheu, verliebt sich und gesteht der Frau nach Monaten endlich seine Zuneigung, doch sie lässt ihn eiskalt abblitzen. Das verstärkt bei Drake das Gefühl, ein Loser zu sein, ein Außenseiter, der zwischen sich und der Welt eine unüberwindbare Mauer vorfindet. Nach “Five leaves left” schmeißt er auch noch sein Studium zwei Monate vor dem Abschluss hin und zieht nach London. Sein Vater beschwört ihn, doch nicht die “Sicherheit” einer brotberuflichen Ausbildung wegzuwerfen, aber Nick antwortet: “Sicherheit ist genau das, was ich nicht will.” Bei einem Kurztrip nach Frankreich lernt er die Chanteuse Francoise Hardin kennen und lieben. Von der jungen Parisiern mit den traurigen Augen fühlt Drake sich verstanden. Doch eine längere Beziehung wird daraus nicht.

Fast zwei Jahre lang arbeitet Nick dann an seinem letzten Werk, dem Klassiker “Pink Moon”. Der Titelsong wurde Anfang der 90er von VW für eine Werbekampagne missbraucht, was wohl einen Tiefpunkt der ohnehin nicht gerade überschäumenden Sensibilität der Werbebranche darstellt. “Pink Moon” und VW Golf, das ist wie Black Metal und Vatikan, also unvereinbar. Die Platte klingt nach der Abgeklärtheit des Selbstmörders, der fast amüsiert auf den Misserfolg seines Lebens zurückblickt. Lieder wie “Parasite of this Town” erzählen von einem jungen Mann, der keine Zukunft sieht, sondern nur Schmerz und Erniedrigung. Gesungen werden die schwarzen Balladen mit einer Stimme, die von mehreren Packungen Zigaretten pro Tag und einer Scheu vor dem eigenen Klang gezeichnet ist.

Nachdem auch diese Platte floppt, fällt Drake endgültig in ein bodenloses Loch. Er hält sich für auf allen Linien gescheitert, weiß nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Nach einem Besuch beim Psychiater ist er nur noch depressiver. “Welchen Grund gibt es, weiterzuleben?”, fragte er einen Freund. Zunehmend verwirrt will er sich bei der Armee melden, fällt aber mit Karacho durch den Aufnahmetest. Dann hat er die glorreiche Idee, Computerprogrammierer zu werden, meldet sich bei einer Londoner Firma, schmeißt den Job aber nach einer Stunde hin. Er trifft sich nicht mehr mit seinen Freunden, zieht sich zurück und schreibt Lieder über den Tod. 1974 kann sich Nick noch ein letztes Mal dazu aufraffen, in ein Tonstudio zu gehen. Das letzte Lied, das er je aufnimmt, handelt von einem schwarzäugigen Hund, der - als Symbol des Jenseitigen, des Todes - den Namen des Sängers ruft. Der Song endet mit den bestürzend resigniert gesungenen Worten “I am tired and I wanna go home”. Damit bringt Nick seinen Gefühlszustand wenige Tage vor seinem Tod auf den Punkt: Er hat die Schnauze voll. Das Musikbusiness, das ihn anekelt, die lieben Mitbürger, die in ihm nur einen gescheiterten Schmarotzer sehen, ja die ganze Welt - alle können sie ihm den Buckel runter rutschen, sie interessieren ihn nicht mehr.

Am 25. September 1974 geht Nick im Haus seiner Eltern in Tanworth-in-Arden zu Bett. Weder seine Mutter, noch seine Schwester bemerken irgendwelche Alarmzeichen. Am nächsten Tag wird er mit einer Überdosis Tabletten im Bauch tot aufgefunden. Abschiedsbrief hinterlässt er keinen, bis heute ist es umstritten, ob er Selbstmord begangenen hat oder einfach nur versehentlich zu viele Antidepressiva geschluckt hat. Einmal im Jahr spielt der Organist der örtlichen Kirche Nicks Lieder. Inzwischen ist man in Tanworth-In-Arden nämlich stolz auf den einstigen “Parasiten der Stadt”.

Samstag, Oktober 07, 2006

Optimism, baby II

Richard Thompon: "The sun never shines on the poor"

The urchins are writhing around in the mud,
Like eels playing tag in a barrel
The old Sally Army sound mournful and sweet
As they play an old Chrissmassy carol;
The world is as black as a dark night in hell
What kind of a place can this be?
Old people like hermit crabs run into doorways
All fearing to say, do you feel as downtrodden as me?

Ting-a-ling, Ting-a-Ling, the Devil he leans on your bell,
The future looks black as before
And the sun never shines, the sun never shines on the poor

The rich man he dreams of his gold and his plate
And his house and his car and his women,
The poor man he dreams of his one-roomed estate
And his wage-packet short by one shilling
The last penny falls through a hole in your jeans,
Now ain’t that the way when you’re down?
Just walking in circles for the rest of your life,
And feeling so low that your chin scrapes along the ground

Ting-a-ling, Ting-a-Ling, the Devil he leans on your bell,
The future looks black as before
And the sun never shines, the sun never shines on the poor

Now some of the people are poor in the purse
They don’t have the cash at the ready
And some of the people are crippled and lame
They can never stand up true and steady
And some of the people are poor in the head
Like the simpleton fools that you see
But most of the people are poor in the heart
It’s the worst kind of poor, it’s the worst kind of poor you can be

Ting-a-ling, Ting-a-Ling, the Devil he leans on your bell,
The future looks black as before
And the sun never shines, oh the sun never shines on the poor

Freitag, Oktober 06, 2006

Verdammte dieser Erde - v 2.0

Es ist wieder an der Zeit den großen Knüppel auszupacken, um damit die ÖVP zu prügeln. Aktueller Anlass: Das böse Spiel mit den niedrigen Instinken der Sozialdarwinisten, denen die Schwarzen gerade einreden, das von der SPÖ vorgeschlagene Modell einer bedarfsorientierten Grundsicherung sei ein Grundeinkommen, welches in Hinkunft jedem Faulpelz ausbezahlt und so das Ende von Leistungsgesellschaft und Abendland einläuten und den Kommunismus bringen würde. Ganz absichtlich interpretiert die ÖVP das Modell falsch. Die Grundsicherung soll lediglich die bisherigen Transferleistungen wie zB Sozialhilfe, Pensionen usw. ersetzen und dafür eine Untergrenze von 800 Euro einziehen. Der Zwang, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, bestünde selbstverständlich weiterhin, da es sich eben NICHT um ein Grundeinkommen handelt. Und bevor jemand in den Genuss der Grundsicherung käme, müsste er jegliches eventuell vorhandene Vermögen, zB eine Eigentumswohnung oder ein Häuschen, in Bares verwandeln.

Geschätzte ÖVP: Das ist ein widerwärtig! Wie kann eine Partei, die sich gerne als "christlich-sozial" bezeichnet, dagegen sein, den Bedürftigsten unsererer Gesellschaft ein Leben in minimaler Würde zu ermöglichen? Die Grundsicherung würde nicht das Faulenzen von Leistungsverweigerern finanzieren, sondern Mindesrentnern, Kranken und vom Schicksal geschlagenen ein klein wenig mehr finanzielle Sicherheit gewähren. Profitieren würden davon zB die Altbäuerin, die mit 500 Euro im Monat auskommen muss, der schwer kranke Frührentner, der derzeit mit 700 Euro seinen kläglichen Unterhalt bestreitet, oder die arbeitslose Alleinerzieherin. Doch die Vertreter der so genannten "Österreichischen Volkspartei" sind sich nicht zu schade, gegen diesen durch und durch vernünftigen und menschlichen Vorschlag zu agitieren, ganz so, als hätte Gusenbauer die Verstaatlichung von Bartensteins Tablettenbrauerei und den Austausch der östereichischen Bundeshymne gegen die "Internationale" verlangt. Dass der Lindwurm ein Grundeinkommen statt einer Grundsicherung für sinnvoller und moderner hält, sei nur nebenbei erwähnt, da es das, obwohl auch von neoliberalen Vordenkern wie Milton Friedman angedacht, nicht spielen wird. Zu tief sitzen Neid, Sadismus und faschistoider Arbeitsethos ("wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen"), der übrigens dem kommunistischehn nicht unähnlich ist, in den Hirnen.

Wo wir gerade über die Armen sprechen: Besonders bedroht von Verelendung sind in Gesellschaften wie der unseren psychisch Kranke Menschen. Zur eingeschränkten bis gar nicht mehr vorhandenen Erwerbsfähigkeit kommt für diese Leute noch hinzu, dass sie ausgegrenzt werden, dass ihre Krankheit sie stigmatisiert. Wer sich die Beine bricht, darf mit Verständnis der "Gesunden" rechnen. Wer aber seelisch erkrankt, wird rasch merken, dass er von unserer angeblich so sozialen Leistungsgesellschaft fallen gelassen wird wie ein schimmeliges Stück Brot. Der Lindwurm weiß, wovon er spricht, laboriert er doch selber an Depressionen und Angstzuständen, und hat er ja selber erlebt, dass ihm dies als Faulheit, Feigheit und generell als mangelnder Wille, sich "zusammenzureißen", ausgelegt wird. Neben den armen Teufeln, die in der Dritten Welt gegen das Verhungern kämpfen, den Arbeitssklaven in China & Co mit ihren Sieben-Tage-Wochen und der wachsenden Zahl jener Menschen in den reichen Nationen, die trotz Arbeit und mehrerer schlecht bezahlter Jobs an der Armutsgrenze grundeln, gehören die neurologisch Kranken - nach neusten Schätzungen in Österreich übrigens rund eine Million (!) Betroffene - zu den neuen "Verdammten dieser Erde", zu einem neuen Heer der Benachteiligten und Ausgeschlossenen. Dieses Heer wächst mit genau derselben Geschwindigkeit wie die Gewinne der transnationalen Konzerne, und wer darauf bloß mit Sozialkürzungen bei den Bedürftigen und Steuersenkungen für die ohnehin Reichen reagiert, ist nichts anderes als eine bösartige Sau, die Gefahr läuft, irgendwann geschlachtet zu werden.

Donnerstag, Oktober 05, 2006

Österreich 2006 - Schläger, Antisemiten, Abschaum

Es ist Herbst, und mich beschleicht Melancholie. Nicht wegen des Wetters, sondern wegen der Lage in Österreich. Der Generalsekretär der ÖVP, Reinhold Lopatka, hat kürzlich in einer Presseaussendung die Kampagne der SPÖ als "US-israelischen Schmutzkübel-Wahlkampf" bezeichnet. Noch in der Wahlnacht wurde Presseberichten zufolge der Sprecher von Justizministerin Karin Gastinger vom Leibwächter des BZÖ-Chefs Peter Westenthaler krankenhausreif geprügelt. Gastinger war eine Woche vor der Wahl aus dem BZÖ ausgetreten, weil sie den ausländerfeindlichen Kurs von Westenthaler und Haider nicht mehr mittragen wollte. Westenthaler, der als Klubchef des BZÖ im Parlament eines der höchsten politischen Ämter in Österreich innehaben wird, soll seinen persönlichen Gorilla mit den Worten "Hauts die Oaschlöcha ausse" angefeuert haben.

So sieht also die politische Kultur in Österreich im Jahr 2006 aus. Ich danke ausdrücklich Noch-ÖVP-Vorsitzendem Wolfgang Schüssel dafür, dass er diesen Abschaum an die Hebel der Macht geholt hat. Aber was kann man von einem Mann erwarten, der sich offenbar einen echten Antisemiten als Generalsekretär hält?

Wenn höchstrangige Politiker antisemitischen Unsinn von sich geben dürfen, ohne Konsequzenzen tragen zu müssen und die Simmeringer Betonföhnwelle SA-Methoden anwendet, dann darf man sich nicht wundern, wenn das auch nach unten durchschlägt. Meine Gattin ist das, wogegen BZÖ-Westenthaler und die Konkurrenzfaschisten von der FPÖ wahlgekämpft haben: Ausländerin. Jeden Tag, wenn sie zur Arbeit geht, muss sie an den Aufklebern mit der Aufschrift "Heimreise statt Einreise", die ein echter Deutschkärntner auf Laternenmasten vor unserem Haus geklebt hat, vorbeigehen. Des Lindwurms Eheweib spricht übrigens vier Sprachen und hat sich von der Putzfrau zur Chefrezeptionistin in einem großen Hotelleriebetrieb hochgearbeitet. Und das in einem Land, das laut Jörg Haider "einsprachig wird". So ein Luder!

Die erwähnten Aufkleber stammen von der "Aktionsgemeinschaft für eine demokratische Politik" (AFP), einer Neonaziorganisation, die regelmäßig in Kärnten Treffen abhält. Die "Austria Presse Agentur" hatte im Jahr 2004 von so einem Trefen berichtet und die führenden Teilnehmer mit Sätzen wie "Der ewige Jude gehört ausgemerzt" zitiert. Es kam zu gerichtlichen Voruntersuchungen gegen die Nazis, aber die wurden eingestellt. Dem Vernehmen nach soll sich ein Untersuchungsrichter gegenüber einem APA-Journalisten antisemitisch geäußert haben ("es stimmt doch, dass die Juden in Amerika zuviel Macht haben").

Aber zurück zu den kleinen Dingen, die dem deklariert antifaschistischen Lindwurm und seiner Ehefrau so viel Freude bereiten: Eine Woche lang wurde die Winschutzscheibe unseres Autos mit Hundekot beschmiert. Dies hörte erst auf, als der Lindwurm zu fauchen begann und den anderen Parteien im Mietshaus mit der Polizei und weitergehenden Vergeltungsmaßnahmen drohte. Doch diejenigen, die Ausländer nicht ertragen, lassen nicht locker. Regenschirme, die vor der Wohnungstür zum Trocken gelassen werden, verschwinden. Dem Fahrrad meiner Frau wurde zuerst die Luft aus den Reifen gelassen, dann wurde es versteckt. Den Mut, uns etwaige Kritik ins Gesicht zu sagen, haben der/die Täter nicht. Echte deutschkärntner Arschlöcher halt, feige, hinterfotzig und verschwiegen.

Mittwoch, Oktober 04, 2006

A kennan se Kaantn?

Kärnten, missverstanden und verachtet

Laut der Eurobarometer-Umfrage vom Frühjahr wussten 71 Prozent der Österreicher, dass ihr Land heuer im ersten Halbjahr den EU-Ratsvorsitz innehatte. In Kärnten waren es lediglich 29 Prozent. Um das zu verstehen muss man wissen, dass für den durchschnittlichen Kärntner schon Wien ein exotischer, weit entfernter Ort ist, wo entrückte Politiker die carinthische Seele nicht verstehen und entmenschte Richter Verfassung und Staatsvertrag eine höhere Bedeutung zumessen als dem Gefühlsleben der seit Jahrhunderten von einer aggressiven Slowenisierungspolitik bedrängten Kärntner Mehrheitsbevölkerung. Wer dermaßen unter dem Druck von slawischen Expansionsbestrebungen leidet, muss alle Kräfte auf den Abwehrkampf konzentrieren und kann es sich nicht leisten, auch noch die ohnehin verwirrende europäische Politik zu verfolgen.

Wir Kärntner fühlen uns missverstanden und verachtet. Warum will niemand einsehen, von welch existentieller Wichtigkeit der Kampf gegen zweisprachige Ortstafeln für uns ist? Zum Glück sind wir ein zwar verfolgtes, aber schlaues Volk, das sich immer wieder vorausschauende Politiker wählt, die, um nur eine besonders heroische Tat zu erwähnen, zum Beispiel erfolgreich verhindert haben, dass die titokommunistische Tarnorganisation Gorenje ein Werk in Kärnten eröffnen konnte. Jetzt müssen die dummen Niederösterreicher für die Partisanen abeiten, wir Kärntner blieben frei von zusätzlichen Arbeitsplätzen und ungeteilt in unserem Stolz, wirtschaftliches Schlusslicht Österreichs zu sein. Aber werden wir für unsere Konsequenz geachtet und gelobt? Nein, man macht sich über uns lustig! In den Wiener Redaktionsstuben wird nach wie vor gelogen und das Märchen verbreitet, wir Kärntner seien intolerant, obwohl wir sogar einen Oberösterreicher zu unserem obersten Chef gewählt haben, was wohl Beweis genug sein dürfte, dass wir weltoffen, ja polyglott sind, denn seit Jörg Haider bei uns das Sagen hat, haben viele Kärntnerinnen und Kärntner ihren Dialekt an jenen von Oberdonau angepasst.

Überhaupt, die Sprache! Wieso halten es Wiener und andere balkanisierte Elemente für so schlimm, wenn wir darauf bestehen, dass in slowenischsprachigen Gebieten gefälligst Deutsch gesprochen werden muss und keine zweisprachige Ortstafel den falschen Eindruck erweckt, Kärnten sei nicht der deutscheste aller Gaue? Immerhin haben wir die beachtliche Kulturleistung vollbracht, innerhalb von nicht einmal 100 Jahren das schreckliche slawische Idiom abzulegen und eine Sprachvariante zu entwickeln, die, entsprechenden guten Willen vorausgesetzt, durchaus als Deutsch durchgehen kann. Dass wir diejenigen von uns, die nicht darauf verzichten mögen, immer noch öffentlich slowenisch zu sprechen, nicht sonderlich schätzen, sollte nachvollziebar sein, erinnern uns diese unsensiblen Leute doch ständig daran, dass wir nicht die Wurzeln haben, die wir gerne hätten. Die hiesige Sprachverwirrung hat übrigens auch dazu geführt, dass einige kärntner Frauen und Männer ein außergewöhnliches Gespür für das geschriebene Wort entwickelt haben und zu den bedeutendsten Schriftstellern des deutschen Sprachraums aufgestiegen sind. Zum Glück konnten wir die meisten dieser obergescheiten Störenfriede erfolgreich vertreiben. Wir haben es nun einmal nicht so mit dem Reden und dem Schreiben, wir singen lieber. Je trauriger die Lieder, desto weiter öffnet sich unser Herz. Schließlich gehört eine starke Affinität zur Schwermut zu den typischen deutschen Nationalcharakteristika. Dass man in Slowenien ganz ähnlich singt, zeugt nur von der kulturellen Raubgier der Jugoslawen.

Nun befürchte ich, dass all diese Erklärungen nichts nützen und man das Kärnter Wesen immer noch nicht versteht. Dabei haben wir so viel durchgemacht! Kaum war der Erste Weltkrieg vorbei, mussten wir einen Abwehrkampf führen. Millionen tapferer Deutschkärntner zwangen die SHS-Invasoren in offener Feldschlacht in die Knie, bis diese schließlich um Gnade und Volksabstimmung bettelten. So war das, ganz ehrlich. Ganz am Rande mögen der Oberste Rat der Alliierten und ein gewisser Woodrow Wilson auch eine kleine Rolle gespielt haben, geschenkt, aber entscheidend waren kärntner Mannesmut und Frauentreu, die die Heimat sich erstritten aufs neu, wie es in unserer Landeshymne so schön heißt. Bei der Volksabstimmung, die über den Verbleib von Südkärnten bei der Republik Deutsch Österreich entschied, stimmten sehr viele slowenischsprachige Leute in unserem Sinne ab. Wir hatten ihnen schließlich zuvor versprochen, ihre "sprachliche und nationale Eigenheit jetzt und für alle Zeit zu wahren". Das war gelogen, zugegeben, aber eine gewisse Verschlagenheit und eine lockere Einstellung zu Verträgen und Gesetzen gehört nun einmal zu den Eigenschaften, die uns überall so beliebt machen. Als dann Kärnten mit dem Rest von Österreich endlich heim ins Reich geholt wurde, fielen uns viele Slowenen brutal in den Rücken und bildeten Verbrecherbanden, die uns beim Arisieren und Deportieren empfindlich störten. Während wir nur unsere Pflicht taten, indem wir jüdischen Besitz und slowenische Bauernhöfe in fleißige deutschkärntner Hände gaben, überfielen die Partisanenbanditen hinterrücks die Nachschubwege der tapferen Wehrmacht. Und als dann das große Völkerringen leider doch zu unseren Ungunsten ausging, begingen diese Unmenschen die schrecklichsten Verbrechen. Einige NSDAP-Funktionäre, die niemals einer arischen Fliege was zuleide getan hatten, wurden entführt und schändlich ermordet! Diesen Genozid werden wir niemals vergessen! Daher erinnert auch im Zentrum von Klagenfurt ein Gedenkstein an die "unschuldigen Kinder, Frauen und Männer, die dem Terror der Partisanen zum Opfer fielen". Aber da wir Kärntner nicht einseitig sind, haben wir ein paar Jahrzehnte später am Stadtrand eine Tafel aufgestellt, die der bedauerlichen Kollateralschäden des Dritten Reiches gedenkt.

Sie sehen also, dass wir Kärntner ein missverstandenes Volk sind. Herzensgut und, wie uns kürzlich sogar eine Wiener Journalistin mit ausländisch klingendem Doppelnamen bestätigt hat, fesch sind wir, und stets zu Späßen wie dem Verrücken von Ortstafeln aufgelegt. Wir sind charmante, fesche Lausbuben und haben den feschesten aller Landeshauptmänner. Kommen sie also zu uns, urlauben sie bei Freunden. Bitte bitte, kommen sie! Wir haben neben dem Fremdenverkehr doch kaum Einnahmequellen, weil wir unsere Energie schon seit jeher und immer wieder für den ewigen Abwehrkampf gegen uns selber brauchen.

Montag, Oktober 02, 2006

Auf Wahlkarten warten...

...das ist derzeit die "Beschäftigung" für politisch interessierte Österreicher. Von der Auszählung der Wahlkarten wird nämlich abhängen, ob Jörg Haiders BZÖ im Parlament bleibt oder doch noch rausfliegt. Ginge es nach den Kärntnern, wäre diese FPÖ-Abspaltung zweitstärkste Partei, denn im südlichsten Bundesland hat das BZÖ 25 Prozent erreichen können (SPÖ: 35 Prozent). Rechnet man noch die rund acht Prozent der original fidelen FPÖ hinzu so sieht man, dass das rechtsextreme Lager in Kärnten mit der SPÖ gleichauf ist. Ok, das ist ja schon eine Verbesserung der politischen Lage gegenüber den letzten Landtagswahlen, als Haider mit 42 Prozent einen fulminanten Sieg einfuhr. Dennoch: Was ist los in Kärnten?

Kärnten hat einige der beudetendsten Künstler und Literaten des mitteleuropäischen Raumes hervorgebracht. Andererseits herrscht nirgendwo sonst im weiteren geographischen Umkreis dermaßen viel Kommunikationsunfähigkeit , gibt es so viele bekennende Nazis, ist die politische Kultur derart unterm Hund. Bedingt das eine das andere? Ist was dran an der Theorie, dass extreme äußere Umstände, Leid erzeugende Umstände, der Kreativität förderlich sind? Mag sein. Sicher ist: Wir Kärntner bringen uns gerne um (höchste Selbstmordrate Österreichs). Sicher ist weiters: Wir Kärntner sind arm (niedrigste Kaufkraft Österreichs und gerade im Begriff, von Slowenien wirtschaftlich überholt zu werden).

Sind wir aber auch dumm? Dümmer als die anderen Österreicher?

Ja, das sind wir. Nicht freiwillig. Die Dummheit erwächst hier aus der Angst. Und durch Angst erzeugte Dummheit führt zur Aggression, die dann gegen alles ausgelebt wird, das als "anders" empfunden wird. Diese Angst rührt vor allem aus einem Identitätskonflikt der Kärntner Bevölkerung her. Sie stammt zu einem großen Teil von Slowenen ab, will das aber nicht wahr haben. Wer es zu etwas bringen wollte in Kärnten, musste sich seit spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts als "Deutscher" tarnen. Das führte zu einer schleichenden Selbstgermanisierung - forciert natürlich durch die Naziverbrecher - und in Folge zu einem Verlust des Selbstwertgefühls, dessen traurige Karikatur nur mit den Mitteln des projezierten Hasses aufrecht erhalten werden kann.

Solch ängstliche Menschen ohne echte Identität bilden genau das Biotop, das autoritäre Figuren wie Haider brauchen, um gedeihen zu können. In Kärnten wurde der Mut immer verachtet, Gemeinheit und Feigheit traten an dessen Stelle und wurden zu Mut umgedeutet. Man hasst hier die Partisanen und liebt die Wehrmacht, gerade weil die Widerstandskämpfer mutig waren. Man veranstaltet einen eigentümlichen Kult um den so genannten "Abwehrkampf", eine politisch und militärisch bedeutungslose Aneinanderreihung kleinster Scharmützel, den man zu jenem Widerstand umdichtet, den die Partisanen in der Realität geleistet haben. In der Fantasiewelt vieler Kärntner stritten die "Abwehrkämpfer" für das "Deutschtum" und die Partisanen gegen eben dieses. Später, nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde die nächste Front gegen "das Andere" eröffnet: Künstler wurden gleich scharenweise aus Kärnten verekelt. Dissens wurde und wird nur äußerst ungern geduldet, rührt er doch, ob er es beabsichtigt oder nicht, immer an jene psychische Wunde, die der Identitätskonflikt in den Köpfen hinterlassen hat. Wer sich seiner selbst so unsicher ist wie die Kärntner, der will in der Herde bleiben, der will sein, wo und wie alle sind. Und er dichtet sich die Welt nach seinen Vorstellungen zurecht.

Sonntag, Oktober 01, 2006

Armes, dummes Kärnten

Österreich hat gewählt. Die SPÖ wurde stärkste Kraft und damit ist der Alleinherrscheranspruch der ÖVP Geschichte. Bundesweit konnte das rechtsextreme BZÖ zwischen 2 und 3 Prozent erreichen. In Kärnten wurde es zweitstärkste Partei und sitzt dank der Dummheit der Kärntner wieder im Nationalrat, was eine Rot-Grüne Mehrheit verhindert. Slogans wie "Kärnten wird einsprachig", "Minus 30 Prozent Ausländer" und ähnliches haben im Trottelbundesland verfangen. Wie es aussieht, wird Haider wohl die nächsten Jahrzehnte im Süden regieren. Gute Nacht.